Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
Selbstredend muß den verschiedenen pflanzengeographischen Begriffen, die 
wir darstellen, eine räumliche Eigenschaft innewohnen, damit die nötigen Unter 
scheidungen auf der Karte stattfinden können. Darum kann, wie A. Hettner sagt, 
die Karte nicht die Vegetationsformen, sondern nur die Vegetationsformationen 
darstellen, ,,und ebensowenig eigentlich das Auftreten der einzelnen Sippen, sondern 
nur die Flora, d. h. die eigenartigen Gruppierungen einer Anzahl von Sippen, auf 
fassen.“ 1 Mit voller Bestimmtheit lehnt also Hettner die Darstellungen der einzelnen 
Sippen nicht ab. Daß auf ihre Kartierung nicht ganz zu verzichten ist werden 
meine weitern Ausführungen darlegen. 
Die Karte der Vegetationsformationen ist unstreitig eine biogeographische, 
wenn nicht schon eine biologische Karte. Die neuere Botanik faßt ja den Ausdruck 
„biologische Pflanzengeographie“ ziemlich eng, insofern mehr das ökologische 
Prinzip in den Vordergrund gerückt wird, also das, w T as ich auf Seite 890 bereits 
„Lebensgemeinschaft“ genannt habe. Die Vergesellschaftung und Formgestaltung 
der Florenelemente unter der Einwirkung äußerer Faktoren, wie von Wärme, Licht, 
Wasser, Nahrung usw. sind Gegenstand der ökologischen Betrachtung, in ihrem 
Mittelpunkt alsdann die „Pflanzenvereine“ oder Gesellschaften von Gewächsen, „die 
den in der Luft und Boden dargebotenen Nahrungsvorrat miteinander teilen, also 
gemeinsam von demselben Tische speisen“. Die Pflanzenvereine schließt man 
wieder zu „Vereinsklassen“ zusammen. Ihre kartographische Darstellung begegnet 
keinen besondern Schwierigkeiten. Teilweise fällt sie mit der der Formationen zu 
sammen, namentlich wenn an die Abhängigkeit der Vereine und Klassen vom 
Wasser gedacht wird (Hydro-, Xero-, Halo- und Mesophytenvegetation). Wir werden 
das noch an der Karte von A. Engler erkennen. 
Die rein pflanzengeographischen Karten können nicht die Gesamtheit 
der Pflanzen gleichzeitig veranschaulichen, sie müssen sich auf Sippen oder größere 
Ordnungen des Pflanzenreichs beschränken, wie auf Compositen, Gentianen, Saxi- 
frageen, Lauraceen, Palmen, Coniferen usw. Die Teile der Erde, die sie bedecken, 
nennt man allgemein Florenreiche oder Florengebiete. Ihnen gilt die erste 
Karte in Drude s Atlas der Pflanzenverbreitung. Sie stellt die gesamte Teilung der 
Länder und Ozeane auf Grund der Flora dar und wird weiter unterstützt durch das 
zweite Kartenblatt, das die Areale ausgewählter Ordnungen des Pflanzenreichs, 
einmal der Gymnospermen und Monocotyledonen und sodann der Dicotyledonen, 
kartographisch bestimmt. Es wird weniger die physikalische Geographie (Klima, 
Bodenzusammensetzung) als vielmehr die systematische Botanik berücksichtigt, 
indem die Areale der Ordnungen und deren natürliche Untergruppen bei der Dar 
stellung maßgebend sind. Auf diese Weise gelingt es Drude, die Fundamente der 
Florenreiche zu erläutern und zu illustrieren. „Da die Unterscheidung der Floren 
reiche sich aus der Verteilungsweise der systematischen Gruppen über die verschiedenen 
geographischen Gebiete ableitet, so • muß die kartographische Darstellung jeder 
(nicht gerade kosmopolitischen) Gruppenverbreitung den einen oder andern Charakter 
zug der Florenreiche enthüllen.“ Wir sehen daraus, daß geschlossene und charakter 
volle Ordnungen zur kartographischen Fixierung am geeignetsten, die Ubiquisten 
dagegen ungeeignet sind. Von den kartographischen Grundsätzen Drudes be 
einflußt gab z. B. F. Höck den Versuch einer pflanzengeographischen Einteilung 
1 A. Hettner: Die Eigenschaften u. Methoden der kartographischen Darstellung. G. Z. 
1910, S. 79.
	        
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