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Die organische Welt im Kartenbild.
beide nicht immer Typisches oder Verallgemeinertes, sondern auch einfache Reali
täten. Von diesem Gesichtswinkel aus die Kulturkarte betrachtet, mehren sich die
Karten mit politischem Grenz- oder Flächenkolorit. Auch die Völkerkarte in Flächen
deckung will nichts Typisches zeigen sondern bloß die Verbreitung der verschiedenen
Völker. Darum müssen bei der Flächendeckung deren beide Funktionen wohl von
einander geschieden werden. Große Schwierigkeiten erwachsen der Flächendeckung
bei Erscheinungen, die sich nachbarlich überschieben oder durchkreuzen und die
in En- und Exklaven noch Berücksichtigung erheischen. Hindernisse bäumen sich auf,
denen die heutige Kartographie kaum oder noch nicht gewachsen ist. Nur die Zer
gliederung in Einzelheiten kann etwas aus dem Dilemma helfen.
Grenzlinien und Flächendeckung können zuletzt selbst die Ausdrücke von
Mittelwerten sein. Wir werden hingeführt zu der Konstruktion von Isarithmen
und mehr oder weniger verwandten Kurven. Zwischen den Kurven findet sodann
die nötige Flächendeckung statt. Bei veischiedenen Untersuchungen wird es er
wünscht sein, die isarithmisch begrenzten Flächen ihrer starren Grenze zu berauben
und harmonische Übergänge zu schaffen.
Andere Karten tragen außer Ort, Quantität und Qualität dem motorischen
Element Rechnung. Vorzugsweise äußert es sich in der Bewegungsrichtung. Über
die Bewältigung des Raumes informieren uns viele Karten. Selbst die Zeit wird im
Kartenbild eingefangen. Von den Geschichtskarten sehe ich bei dieser Betrachtung
ab. Durch Zeichen und Farbe wird beispielsweise sehr gut gezeigt, in welcher Zeit
und in welchen Etappen die Besiedelung Nordamerikas von 0 nach W vor sich ge
gangen ist. Indirekt springt das zeitliche Moment heraus, wenn verwandte Karten
bilder aus verschiedenen Epochen miteinander verglichen werden. Auf jeden Fall
sind Raum und Zeit geeignet, die kartographischen Methoden zu befruchten. Er
haben ob Raum und Zeit gibt es keine Karten, obwohl man an gewisse ethische
Karten denken könnte. Indessen sind sie, wie wir sie auch drehen und wenden
wollen, immer ein Spiegelbild einer Kulturerscheinung eines bestimmten Zeit
abschnittes. Zuletzt darf man auch von der Karte nicht zuviel verlangen. Ihr sind,
wie wir des öftern betonten, Schranken gesetzt, die zu überwinden über ihrer Kraft
liegt. Wenn sie das könnte, würde sie jegliche Beschreibung überflüssig machen.
Aber gerade die Kulturkarte bedarf der Beschreibung, mehr als die topographische.
Kulturkarte und Beschreibung Hand in Hand führen die Geographie vorwärts und
damit ein gut Stück Menschheitsgeschichte.
165. Geschichtliche Streiflichter. Die Kulturkarte ist so alt wie die Karto
graphie selbst. Die ältesten Karten, die wir bereits nach ihrer topographischen Seite
hin gewürdigt haben, wie die nubische Goldminenkarte 1 , sind Kulturkarten. Nur
wenige mittelalterliche Karten gibt es, die nicht verstreute Andeutungen über Kultur
zustände brächten, ja viele strotzen geradezu voller Kulturangaben. Selbst die
Routenkarten machen da keine Ausnahme. Am bevorzugtesten waren neben macht -
politischen Bezeichnungen religiöse, kirchliche Anspielungen und Andeutungen.
Rom wird als Bischofs- (Pabst-) Stadt besonders auffällig bezeichnet, wie auf der
Europa-Radkarte Lamberti filii Onulfi, 1120, desgleichen auf der berühmten
Peutingersehen Tafel. Auf der Rumbenkarte von Georgio Calapoda 1552 ist Rom
1 M. Eckert, a. a. 0., S. 401.