Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Völkerkarten. 
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wünschenswerte Anschauungskraft zu besitzen und das nötige Detail aufzunehmen. 
Einen Schritt weiter ist A. Byhan gegangen, als er die Karte der Verbreitung der 
wichtigsten Wohnungsformen und der Zugtiere entwarf. 1 
178. Kulturkreis- und Kulturformenkarten. Mit den Wohnsitzen sind wir 
bereits in das Gebiet der Darstellung stofflichen Kulturbesitzes eingetreten. Manch 
mal ist es schwer, geistigen und stofflichen Kulturbesitz zu trennen; steckt nicht 
auch in letzterm ein gut Teil Geist ? Prüfen wir den Kulturbesitz, insbesondere die 
Gegenstände des Kulturbesitzes, werden wir gewahr, daß sich die Gegenstände nicht 
gleichmäßig verbreitet vorfinden; hier in überwiegender Anzahl, dort gar nicht. Diese 
merkwürdige Verteilung hängt eng mit der Ausbreitung der Bassen und Volksstämme 
zusammen, mit deren geistigen Fähigkeiten und künstlerischer Begabung. Es ent 
stehen gewisse Verbreitungsgebiete oder Kultur kreise, deren Erforschung zu den 
vornehmsten Aufgaben der Ethnologie gehört. Die erste Kultur kreiskarte haben 
A. Bastian und H. Kiepert, Berlin 1868, entworfen; sie betitelt sich: Übersichts 
karte der ethnographischen Culturkreise nach ihrer ungefähren Begrenzung im 15. Jahr 
hundert. Hie ist durchgängig in Flächenkolorit ausgeführt. 
Wie es nur eine Menschheit gibt, gibt es auch nur eine Kultur 1 2 ; aber zahlreich 
sind die Kulturformen (innerhalb eines Kultur kr eis es). Für uns handelt es sich 
zunächst um die Formen der materiellen Kultur. Die Formen der geistigen Kultur, 
v T ie Religionen usw., werden uns später noch beschäftigen. Sehen wir von den 
kümmerlichen Anfängen früherer Jahrhunderte ab 3 , stoßen wir in der anthropo- 
graphischen Abteilung des alten Bergbaus von 1848 auf die Veranschaulichung von 
Kulturformen. Wir sehen da z. B. die Erde eingeteilt in die zwei Zonen der Fleisch- 
und Pflanzenspeisen, die durch die tropische Zone der Pflanzenspeisen getrennt werden. 
Ferner finden wir eine Übersichtskarte der verschiedenen Bekleidungsweise der 
1 Karte von A. Byhan i. Illustrierte Völkerkunde von G. Buschan. II. Erster Teil. Stutt 
gart 1923. zw. S. 320/321. 
2 Leo Frobenius und v. Wilm: Atlas africanus. Belege zur Morphologie der afrikanischen 
Kulturen. München 1921. (Siehe die ».Einführung“ zum Atlas.) 
3 Vgl. H. B. O. Schecker: Die Mappe-Monde Nouvelle Papistique, ein Kulturdokument der 
französischen Religionskriege. Ungedruckte Diss. Leipzig 1922. — Untersucht wird das größte 
und seltenste satirische Werk des 16. Jahrhunderts, die „Mappe-Monde Nouvelle Papistique“. Die 
Exemplare der aus 16 Holzschnitten zusammengesetzten Karte gingen verloren bis auf eins, das. 
bis 1920 im Katasteramt Sondershausen verborgen, vom Verfasser identifiziert wurde. Die Ori 
ginalität der Karte besteht in der Tatsache der Verquickung mittelalterlicher und zeitgenössischer 
Darstellungsformen: mappa mundi, orbis pictus, mirabilia Romae, civitas diaboli als Widerspiel der 
Hierosolyma coelestis. In den Einzelheiten zeigt sich Abhängigkeit von Tierfabel, Reiseberichten. 
Ovids Metamorphosen, Theaterwesen. Der Künstler, technisch verwandt der Art Salomon Bernards, 
hat über den imaginären geographischen Grundriß in satirischer Absicht den Planschmuck über 
wuchern lassen: Wind Personifikationen, Länderherrscher auf dem Thron, Architektur, Tier- und 
Monsterbilder, Inschrifttafeln, Beischriften. Die Dämonomanie findet Ausdruck durch Verwendung 
von Teufelsspuk. Nebeneinander her gehen die beiden Motive der Antichristpolemik: Der Gegner 
wird aufgefaßt einmal als Vertreter der Hölle, dann wieder als Beute der teuflischen Mächte. Zur 
literarischen Vergleichung werden außer der deutschen Reformationssatire — Rabelais, Viret. 
Beza in erster Linie herangezogen; letzterer wird eingehend behandelt wegen der mutmaßlichen Autor 
schaft der pseudonym erschienenen Mappe-Monde Nouvelle Papistique unter Hinweis auf den analogen 
Geist der zoographia Cochlaei und der engverwandten Bildausstattung der „Icones“: Reformatoren 
porträts. Emblemata in Rollwerk. Vorstehende Mitteilung verdanke ich Hans Rudolphi in 
Leipzig.
	        
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