Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
Gliederung der australischen Sprachen belehrt uns P. W. Schmidt mit einer Karte 1 , 
auf der die südaustralischen von den nordaustralischen Sprachen durch einen breiten 
roten Strich getrennt sind. ! 
175. Spraehkartlich Methodisches. Aus dem Unterschied zwischen absoluter 
und konkreter Karte resultieren die hauptsächlichsten Methoden beider Arten. Für 
jene ist das Flächenkolorit das Gegebene, ganz in dem Sinne, wie es G. Gerland und 
andere für die Völkerkarte bekundeten. Einzelheiten kann man nicht gerecht werden. 
Infolgedessen wird das Kartenbild auch nicht frei von Willkürlichkeiten sein. Das 
Flächenkolorit umfaßt viele Gebiete, die nicht bewohnt sind, die also auch sprachlich 
nicht erfaßt werden können. Diese toten Stellen unberücksichtigt zu lassen, wird 
man der Übersichtskarte keinen Vorwurf machen. Wenn aber A. Penck zu dem Schluß 
kommt, daß es überhaupt keine scharfe Grenzen zwischen bewohnt und unbewohnt 
gibt 1 2 , ist das cum grano salis aufzufassen. Polwärts läßt sich für das bewohnte 
Gebiet recht wohl eine scharfe Abgrenzung schaffen. Ewiger Schnee und Eis geben 
in vertikaler wie horizontaler Richtung die sichtbaren Marken einer Grenze zwischen 
bewohnt und unbewohnt, oder besser zwischen bewohnbar und unbewohnbar. 
Das Flächenkolorit wurde bereits auf ältern Karten geübt, wie wir das im alten 
Berghaus sehen. Nicht bloß für die Übersichtskarten, auch für Einzelkarten, die neu 
erschlossenen Gebieten gelten, ergibt es eine brauchbare Methode. Durch volle Farben 
töne werden z. B. die Sprachen und ihre Verbreitung auf einer Karte von Britisch- 
Kolumbien, die wir Franz Boas verdanken, zum Ausdruck gebracht. 3 
Daneben haben sich für Übersichtskarten noch andere Methoden entwickelt. 
Das einfachste ist wohl, buntfarbige Grenzlinien anzuwenden, wie es P. Ehrenreich 
getan hat, der die über einen großem Raum verteilten Stämme, die unter ver 
schiedenen Namen benannt sind, mit einem Ringkolorit umzog. 4 Dieses summarische 
Verfahren ist als der Anfang einer Sprachkarte zu bezeichnen. Tiefer wird geschürft, 
wenn die Ortsnamen nach den verschieden sprechenden Ortsinsassen verschieden 
farbig unterstrichen werden. Das ist eine beliebte Methode, die für Neuländer und 
selbst noch für Kulturländer — allerdings in diffiziler Weise, wie wir weiter unten 
noch sehen werden — angewandt wird. So hat A. Dirr auf der Sprachkarte des Mittel 
laufs des Andischen Koissu (Daghestan) fünfzehn einzelne Sprachen kenntlich gemacht 5 . 
Man kann es nicht in Abrede stellen, daß selbst diese Kartenbilder bereits ein Bild 
von der Verbreitung der Sprachen gewähren; für ein größeres Publikum sind sie nicht 
geeignet, da sie eingehendere Studien und Fachkenntnisse erfordern und mehr für 
den Kartenkundigen lesbar sind. 
Zweierlei Wege haben zur Aufnahme und des weitern zur Konstruktion von 
Sprachkarten geführt. Entweder ist man von linguistischen oder statistischen 
Erhebungen ausgegangen. Bei der Beurteilung der Sprachkarte hat man beide 
Punkte nicht genügend auseinandergehalten und ist darum auch nicht zur wünschens 
werten Klarheit durchgedrungen, obwohl sich eine gewisse Abhängigkeit der Methoden 
1 P. W. Schmidt: Die Gliederung der austral. Sprachen. Mit 1 K. 1 : 10000000. Wien 1919. 
2 A. Penck: Die Deutschen im Polnischen Korridor. Z. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1821. S. 169. 
3 Fr. Boas i. P. M. 1896, T. 2. 
4 P. Ehrenreich: Ethnographische Karte von Brasilien. P. M. 1891, T. 6. 
5 A. Dirr i. P. M. 1907. T. 17. — Siehe auch Dirr: K. der Kürinischen Sprachgruppe (Südost- 
Daghestan u. angrenzende Teile Transkaukasiens). P. M. 1909, T. 16.
	        
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