Sprachkarten.
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Die erste Art der rein statistischen Methode drückt das statistische Element
der Sprachkarte durch Signaturen aus, die dem Ortszeichen oder -namen beigefügt
werden. Durch buntfarbige Striche unter dem Ortsnamen wird die Verschiedenheit
der Sprachen in einem Ort bezeichnet und durch die verschiedene Länge der Striche
werden den statistischen Erhebungen gemäß die Anteile ausgedrückt, die auf die
verschieden Sprechenden entfallen. Eins der besten Kartenwerke dieser Art sind
die ‘29 Kreiskarten der Provinzen Westpreußen und Posen in 1:100000, die 1919 das
Preußische Statistische Amt herausgegeben hat. 1914 hatte P. Langhans eine ähnliche
Methode bei der Sprachverteilung im Gouvernement Belgien befolgt 1 , um die Ge
meinden mit deutschen und flämischen Minderheiten hervorzuheben. Sind sie dick
rot unterstrichen, wohnen darinnen über 1000 Deutsche, sind sie dünn rot unter
strichen, nur 100 bis 1000 Deutsche. Dasselbe Verhältnis wurde für die Vlamen durch
rot punktierte Unterstreichung veranschaulicht. Die Methode erinnert an die, die
wir bei Dirr kennen lernten, jene unterscheidet sich aber insofern von dieser als sie den
Strich zum statistischen Wertmesser erhebt. Die rein statistische Strichmethode,
wie ich sie nennen will, ist bloß eine behelfsmäßige und kann infolgedessen nicht voll
befriedigen; die buntfarbigen Striche, nach der Größe, nach dem Aussehen oder nach
der Stärke graduell abgestimmt, ermöglichen keine schnelle und klare Orientierung.
Besser ist schon die rein statistische Sektorenmethode geeignet. Nach ihr
werden die Ortschaften durch Kreise dargestellt, deren Fläche mit der Einwohnerzahl
in einem bestimmten Wechsel Verhältnis steht. Hier und da wird der Radius der Kreis
fläche proportional den Quadratwurzeln aus der Einwohnerzahl gesetzt, wie z. B.
auf der von der Oberbergamtmarkscheiderei Breslau herausgegebenen Kartenreihe
in 1:100000, die die Ergebnisse der Volksabstimmung in Oberschlesien vom 20. März
1921 verarbeitet hat. Das gleiche Verfahren erkennen wir in einer Karte in 1:200000*
die auf demselben Abstimmungsergebnis beruht und von der Preußischen Landes
aufnahme herausgegeben worden ist. Infolge des kleinern Maßstabes hat sie gegenüber
der vorhergenannten Karte die größere Übersichtlichkeit voraus. Dienen beide Karten
auch andern Zwecken als einer reinen Sprachenverteilung, sind ihre Methoden zweifels
ohne für reine Sprachkarten geeignet. Für ethnographische Karten ist die Methode in
Norwegen ausprobiert worden (S. 451).
Die topographisch statistische Methode verweist uns gleichfalls nach
einem nordischen Lande, nach Schweden, wo sich um ihre Ausbildung Sten de Geer
große Mühe gegeben hat. 1 2 Ihr Wesen beruht darin, die verschieden Sprechenden
nicht in Prozent der Gesamteinwohnerzahl des Ortes, sondern die Einwohnerzahlen
in den verschieden Sprechenden zur Anschauung zu bringen. Dadurch erfolgt offenbar
ein engerer Anschluß an die Topographie eines Ortes als durch die andern Methoden,
deshalb auch die Bezeichnung ,,topographisch statistische Methode“. Das Topo
graphische steht nicht im Gegensatz zu dem Rein-Statistischen, im Gegenteil, die
Statistik kommt in einer Reinkultur zum Ausdruck wie kaum bei einer andern Methode.
Den Übergang von der Sektoren- zur topographischen Methode bilden die zahlreichen
Kartenblätter des Ethnographischen Atlas des Königreichs Ungarn in 1:200000, der
von der Ungarischen Geographischen Gesellschaft in den Jahren 1918/1919 bearbeitet
1 P. Langhans i. P. M. 1914, II, T. 22.
2 Sten de Geer: Befolknings fördelning i Sverige. Stockholm 1919, 1920. — Die Karte,
die sich auf die Zählung von 1917 stützt, ist in 1 : 500000 entworfen; s. auch M. Eckert: Die
Kartenwissenschaft. II, S. 155.
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