Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
worden ist. Die Sektoreneinteilung der Ortskreise ist gefallen, aber das Grundprinzip 
der Ortskreise ist geblieben, indem durch verschieden farbige und verschieden große 
Kreis- und Halbkreisflächen 50, 100, 500 und 1000 Köpfe der verschieden Sprechenden 
umfaßt werden. 
Einen weitern Schritt gehen die Sprachkarten, die im Geographischen Institut 
der Universität Berlin unter der Leitung von A. Penck bearbeitet worden sind. Auf 
ihnen ist die Kreisfläche stabil, eine unveränderliche Größe, die sich nur in der Farbe 
je nach den Sprachen der Ortsinsassen ändert. An Stelle der variablen Kreisfläche 
ist für auserlesene größere Spracheinheiten das variable Quadrat getreten. Gegenüber 
den stabilen Kreisflächen treten die variablen Quadrate bescheiden auf (s. weiter unten). 
Der Haupt wert der Karte liegt auch in den erstem. Je nach Maßstab wird die Kreis 
fläche verschieden groß gewählt und umfaßt dementsprechend 10 oder 20 und mehr 
Einwohner. Über das Verfahren hat sich Penck des Längern und Breitem in der Zeit 
schrift des Vereins für Erdkunde zu Berlin ausgelassen. 1 Von der Arbeitskarte auf 
Grundlage des Meßtischblattes ging man über zur Verarbeitung und Veröffentlichung 
der Resultate in 1 -.100000. 1 2 Die Methode kann genügend studiert werden an der Karte 
von H. Hey de, die den Ausführungen Pencks beigegeben ist. 3 Das sprachliche Element 
ist hier niedergelegt in die Übersichtskarte von Mitteleuropa in 1:800000, die von 
der Preußischen Landesaufnahme herausgegeben wird. Durch kleine farbige Kreise 
bzw. große farbige Punkte werden je 20 Einwohner eines Ortes mit derselben Sprache 
zusammengefaßt. Zählt der Ort bis 1000, richtiger bis 980 Einwohner, werden 49 Punkte 
in Reihen (7x7 Reihen) nebeneinander gestellt. Um einer gewissen Unübersichtlich 
keit vorzubeugen und die städtischen Siedlungen mehr von den ländlichen zu trennen, 
werden verschieden große Quadrate gewählt, die 200, 2000 oder 20000 Angehörige 
derselben Sprache -bezeichnen. Sie tragen die gleiche Färbung wie die Punkte; Blau 
für die Deutsch-Sprechenden, Rot für die Polnisch-Sprechenden, Lila für die Kaschuben 
und Masuren, Rötlichgelb für Zweisprachige und Grün für Anderssprachige. Dadurch, 
daß mit Punkten bis 980 Einwohner dargestellt werden, aber auch schon das Quadrat 
für 200 Seelen gewählt wird, liegt eine Inkonsequenz des gesamten Verfahrens, was 
nicht bloß durch die Raumfrage entschuldigt werden kann. Von einer gewissen Will- 
kürlichkeit wäre es noch frei zu sprechen, wenn streng zwischen ländlicher und städtischer 
Siedlung geschieden worden wäre. Neben diesen kleinen Aussetzungen, zu denen 
sich noch der unscharfe und unreine farbige Druck gesellt, wollen wir nicht vergessen, 
auch das Gute der Karte anzuerkennen. Sie zeugt von einem großen Fleiß. Ist darauf 
auch eine schnelle Orientierung ausgeschlossen, gibt sie doch bei eingehendem Studium 
gewissenhafte Auskunft. Hier liegt ihre Stärke und ihr Hauptzweck. Die deutsche 
Durchdringung des „polnischen Korridors“ oder die deutsche Brücke zwischen 
Graudenz und Schneidemühl über Culm, Bromberg, Nakel ist klar ersichtlich, auch 
die Abdrängung der Polen von der Ostsee durch Deutsche und Kaschuben. Eine 
geographische Sprachkarte, wie etwa die Karten von Langhans, ist sie nicht. Sie 
ist eine rein statistische Karte nach Aufbau und Habitus, sie operiert lediglich mit 
Zahl und Diagramm, so daß die ganze Sprachkarte von Penck-Heyde sich nicht 
1 A. Penck, a. a. O., S. 175ff. 
2 Von der Sprachkarte 1 : 100000 sind 42 Blatt erschienen. Redaktion von A. Penck. 
Ausführung von H. Heyde. Berlin 1919. 
3 H. Heyde: Die Deutschen im „Polnischen Korridor“. Berlin 1921. Z. d. Ges. f. Erdk. 
zu Berlin 1921. K. 2.
	        
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