488
Die organische Welt im Kartenbild.
Deutschlands 1 wie auch die Lehrer-Seminare 1 2 besonderer Darstellungen. Wichtig
wäre eine Karte, die zeigte, wo sich Kunstschulen finden, besonders, wo alte boden
ständige Kunst in Handwerks- und ähnlichen Anstalten weiter gepflegt wird, z. B. die
Spitzenklöppelei in Annaberg im Erzgebirge, das Kunst-Steinmetzhandwerk in Mayen
in der Eifel usf.
Eine einzigartige Karte aus älterer Zeit liegt vor in der, die im alten Berghaus
in der Abteilung Anthropographie überschrieben ist „Geistige Bildung“. Auf einer
Mercatorkarte sehen wir das Maximum der geistigen Bildung in den christlichen
Ländern, vorzugsweise bei den Protestanten, weshalb diese im vollen Lichte (weiß)
erscheinen. Das Minimum oder die „gänzliche Finsternis des Geistes“ ist in den
Ländern der Heiden, die am dunkelsten dargestellt sind, während die Übergänge
durch Schattierungen bezeichnet werden. Die höchste christliche Kultur wertet
8°/ 0 , die mittlere 6°/ 0 , die niedrigste 5°/ 0 , die chinesische Kultur hingegen 34°/ 0 ,
die brahminische 14°/ 0 und die mohammedanische 15,7%- Auf diese Art geistiger
Karten oder „Bildungskarten“ kommt man erst in neuester Zeit wieder zurück.
Die Karte der Zivilisation von Huntington (S. 478) gehört hierher. K. Ol bricht
knüpft in seiner Bioklimatik an diese Karte an und zeigt, wie sich die Zivilisation
bis zum Beginn des Weltkrieges in die ophelothermen Kegionen verschoben hat.
Ihm gelingt der Nachweis, daß sich heute die Zivilisationskarte mit derjenigen der
Klimaenergie nahezu deckt. 3 Einen Ersatz der geistigen Bildungskarte könnte in
gewisser Richtung eine Karte bieten, die den geistigen Erzeugnissen gelte, die
also neben den Hauptsitzen des Buchhandels die Erzeugung von Büchern, Zeitungen
und Zeitschriften in den einzelnen Ländern darstellt. Einen Vorläufer davon hätte
man in der Bibliopolischen Charte von Deutschland aus dem Jahre 1842 bzw. 1846
zu sehen. 4
Für die Herstellung von Karten, die den Geburts- oder Wirkungsort der National
helden und Geistesheroen, Dichter und Musiker angeben, hat der Romane bisher mehr
Sinn als der Germane gezeigt. Aus dem Jahre 1854 meldet sich eine französische
Celebritäten-Karte, die Eug. und Rieh. Cortambert zu Verfassern haben. 5 Sie
ist mit einer großen Menge Namen ausgefüllt, die am dichtesten in N, 0 und S zu
sammenstehen; sie gehen gleichsam parallel mit der Volksdichte. Um die Namen
auf der Karte leicht zu finden, sind an der Seite der Karte sämtliche Namen der
Berühmtheiten nach den Fächern und in alphabetischer Reihenfolge angegeben.
Diese Kulturkarten haben mehr kulturhistorisches als geographisches Interesse. Ich
bin aber auch als Geograph überzeugt, daß der Literaturunterricht, selbst der Ge
schichtsunterricht gewinnen würde, wenn er sich auf eine Anzahl solcher Karten
stützen könnte. Einen Anfang dazu hat K. Ludwig in der Heimatkarte der Deutschen
Literatur gemacht. 6 Die Karten bieten kartographisch wenig Interessantes, wie auch
1 Vgl. O. Henke: K. der öffentl. höhern Unterrichtsanstalten in Deutschland 1875. P. M.
1876, T. 9.
2 Vgl. K. auf T. 10 i. P. M. 1874: Die Lehrer-Seminare im Deutschen Reiche.
a K. Olbricht, a. a. O., S. 49.
4 Bibliopolische Charte von Deutschland. Verlag von C. A. Eyraud in Neuhaldensleben u.
Gardelegen 1842. Die Buchhändlerstädte sind wiedergegeben u. d. Verkehrswege. [K. Bi. Berlin.]
[Eine Ausg. zur Leipziger Ostermesse 1846 i. Br. M. London.]
5 Eug. et Rieh. Cortambert: Carte générale des célébrités de la France. Paris 1854.
6 K. Ludwig: Heimatsk. der Deutsch. Litteratur. Wien 1906.