Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
einige angewandte Beispiele zu erhärten strebte 1 , scheint erst jetzt sich langsam ver 
wirklichen zu wollen. 2 Die ästhetische Geographie wird ebensowohl von der Analyse 
des Landschaftsbildes wie von der Synthese typischer Landschaftsbilder getragen 
und wird der ,,Landschaftsphänologie“, — einer Zwischenform zwischen der allgemeinen 
und besondern Erdkunde 3 — hervorragende Dienste leisten. Ich bin überzeugt, so 
bald sie weiter ausgebaut ist, wird die kartographische Darstellung nicht leer ausgehen. 
182. Medizinische Karten. Noch zwei Dezennien und die medizinische Geo 
graphie ist ein Jahrhundert alt. 1858 schrieb Caspar Friedrich Fuchs die erste 
,,Medicinische Geographie“ und 1856 Ad. Mühry über die Geographischen Ver 
hältnisse der Krankheiten. 4 Insonderheit handelt es sich dabei um die Feststellung 
der Verbreitung charakteristischer Krankheiten. Darum kann man von einer „Noso 
geographie“ sprechen. Die Karten, die diese Verbreitung illustrieren, sind die Krank 
heitskarten oder Nosokarten. Ihnen müßte man die Gesundheits- oder Sani 
tätskarten gegenüberstellen, die sich mehr in jüngster Zeit entwickeln. Zu diesen 
würde man die balneologischen, Luftkur- und hygienischen Karten rechnen. 
Indirekt sind sie ja auch Krankheitskarten, da sie in der Hauptsache dem Kranken 
dienen. Aber auch der Gesunde hat große Vorteile; sie zeigen ihm, wo er Erholung 
finden, seine Gesundheit stärken kann. Dann sind ihm diese Karten in wahrem Sinne 
„Prohibitivkarten“. Bei ihnen kommt es weniger auf die Verbreitung einer Krankheit 
als vielmehr darauf an, die Orte und Landstriche zu zeigen, wo Erholung, Genesung, 
Gesundung gefunden wird. Die balneologischen Karten nehmen die Bäder in An 
griff, die für diese oder jene Krankheit helfen. Im Grunde genommen gehören ihnen 
auch die „Heilquellenkarten“ an, wie sie seit hundert Jahren bereits in Frankreich 
und Deutschland gezeichnet worden sind. 5 Von den gelegentlichen Angaben von 
Heilquellen und Bädern auf ältern Karten sehe ich hier ab. Die Frage nach den Be 
ziehungen von Mineralquellen zu dem geologischen Gefüge der Gebiete, in denen sie 
auftreten, gehört zu den interessantesten Problemen der Erdkunde. Gerade in 
Schlesien hat Fr. Frech diese Frage in den Vordergrund neuerer Untersuchungen 
gestellt. 6 Noch mehr wie bisher müßten die klimatologischen Karten zur Konstruktion 
von Gesundheitskarten herangezogen werden. In dem Wirtschaftsatlas der deutschen 
1 G. L. Kriegk: Schriften z. allgera. Erdkunde. Leipzig 1840, S. 221 — 370. " 
2 Fr. Ratzel wäre hier zu nennen, insbesondere sein posthumes Werk: Über Naturschilderung. 
München u. Berlin 1904. — Gegenwärtig ist E. Banse für die ästhetische Geographie tätig und hat 
sie in Werken (Das Orientbuch, Straßburg 1912; Die Länder u. Völker der Türkei, eine kleine ästhetische 
Geographie, Braunschweig 1916) und Sonderabhandlungen (Expressionismus u. Geographie, Gedanken 
zur Erhebung der Geographie zur Kunst, Braunschweig 1920) gefördert. 
3 Franz Schnap: Lehren u. Lernen, Schaffen u. Schauen i. d. Erdk. Eine zeitgemäße 
Methodik. I. Teil. Die Wissenschaft!. Grundlagen. Prag, Wien u. Leipzig 1919, S. 118, 119. 
4 Ad. Mühry: Die geograph. Verhältnisse der Krankheiten. Leipzig—Heidelberg 1856. — 
1909 hielt E. Oberhummer a. d. XVII. D. Geographent. z. Lübeck einen Vortrag üb. „Mediz. Geogr. 
in ihrer Bez. zur Anthropogeogr.“, ohne die Arbeiten von Fuchs u. Mühry berücksichtigt zu haben. 
5 A. Bréon: Carte des eaux minérales de la France. Paris 1825. [Bi. d. Geogr. Soc. Paris.] — 
Heilquellen-Charte oder die Brunnen u. Baeder Deutschlands, der Schweiz u. der Niederlande. Weimar 
1830. [Br. M. London.] — F. W. Streit: Charte des Taunus u. seiner Heilquellen. Wiesbaden 1831. 
[Co. Bi. Hamburg.] — Baineolog K. v. Deutschi. u. d. Grenzgebieten m. Verzeichnis d. Mineral 
bäder, Molken- u. Traubenkurorte usw., ferner Angabe der Lage, des chemischen Charakters, der 
Bodenbeschaffenheit, Höhe, der klimat. Verhältnisse usw. 1. Aufl. Berlin s. a. 2. Aufl. München 
1866. [H. u. St. B. München.] 
6 Fr. Frech: Schlesiens Heilquellen i. ihrer Bez. z. Bau der Gebirge. Mit 2 K. Berlin 1912.
	        
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