Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
Die Staatsformen der Erde zu veranschaulichen, ist ein altbeliebtes Sujet 
der Kulturkartendarstellung. Zu den ersten Bildern dieser Art gehört der Atlas nou 
veau von Hubert Jaillot aus dem Jahre 1681. 1 Jüngern Datums ist die Karte der 
„Regierungs-Weisen“ im alten Berghaus, worauf unbeschränkte und beschränkte 
Monarchien, Republiken (meist demokratische), Despotien und Tyranneien unter 
schieden werden. In den modernen in- und ausländischen Lexikas finden sich dem 
entsprechende Karten. An die Staatsformenkarten schließen sich die an, die es mit 
den Staatsformen innerhalb eines großen Staates, wie im Deutschen Reiche vor dem 
Kriege, und weiterhin, die es mit den Rechtsformen bzw. Rechtssystemen innerhalb 
eines Staates zu tun haben. R. Schroeder zeichnete 1870 eine Rechtskarte von 
Deutschland zur Veranschaulichung der auf dem Gebiete des Privatrechtes herrschenden 
Rechtssysteme. 2 Neben Gebieten, wo das gemeine Recht herrscht, sehen wir solche 
mit dem preußischen allgemeinen Landrecht, dem französischen Zivilgesetzbuch, 
dem badischen Landrecht, dem österreichisch bürgerlichen und dem sächsisch bürger 
lichen Gesetzbuch. Zum Vergleich diene die Karte der Rechtssysteme auf dem Gebiete 
des Privatrechts, die sich in P. Langhans Staatsbürger-Atlas vorfindet. Eine Über 
sichtskarte der am 1. Oktober 1879 in Kraft tretenden neuen Gerichtseinteilung im 
Deutschen Reiche bearbeitete J. Straube. 3 Bei Henry Lange findet sich eine 
interessante Gerichtskarte des Königreichs Sachsen. 4 Innerhalb der politischen Ein 
teilung des Reichs sehen wir Reichsgericht, Oberlandesgerichts-, Landgerichts- und 
Amtsgerichtssitze, sodann die Landgerichtsbezirksgrenzen. 1916 entwarf P. Lang 
hans eine Karte der staatsrechtlichen Gestaltung der Thüringischen Staaten in der 
Gegenwart. 5 Die Grenzen spielen dabei eine ausschlaggebende Rolle. 
V. Politische, historische und historisch-kartographische Karten. 
184. Politische Karten. Mit der politischen Karte treten wir in das umfang 
reiche Gebiet der historischen Karte ein. Diese vollkommen zu würdigen, dürfte ein 
Werk von gleichem Umfange wie die vorliegende „Kartenwissenschaft“ kaum genügen. 
Für mich handelt es sich lediglich darum, das gewaltige Gebiet kurz zu skizzieren, 
um überhaupt einmal zu zeigen, was alles dazu gehört, und sodann auf die Lücken 
der Forschung, soweit sie kartographisch von Interesse sind, hinzuweisen. Daher 
greife ich auch bloß dies und das heraus. Wichtige kartographische Dokumente sind 
bereits im Laufe meiner Forschungen gewürdigt worden, da sie mir für die Entwicklung 
der untersuchten kartographischen Probleme unentbehrlich waren; denn nur mit 
Hilfe der geschichtlichen Entwicklung kann das notwendige Verständnis gegenwärtiger 
Erscheinungen erfolgreich angebahnt werden. Eigentlich ist das eine Binsenweisheit, 
aber im Hinblick auf das Wirken moderner Geographen, nicht bloß verschiedener 
deutscher, kann sie nicht oft genug wiederholt werden. 
1 H. J aillot: Atlas nouveau, contenant toutes les parties du monde, ou sont exactement 
remarqués les empires, monarchies, royaumes, estais, républiques et peuples si trouvent à présent. 
Paris 1681. [Bi. d. Soc. Géogr. Paris. Auf dem Einband steht Atlas de Sanson. vieil, weil das erste 
Bl. der beiden groß. Welthalbkugeln von Sanson 1674 gezeichnet ist.] 
2 R. Schroeder i. P. M. 1870, T. 7. 
3 Jul. Straube: Übersichtsk. der am 1. Okt. 1879 in Kraft tretenden neuen Gerichtseinteilung 
im Deutschen Reiche. Berlin s. a. — Vgl. auch K. von Bayern f. d. Dienstgebrauch bei d. Justiz 
behörden. München 1910. 
4 Henry Langes Atlas von Sachsen. Mit 12 K. Leipzig 1860. T. 10. 
5 P. Langhans i. P. M. 1916, T. 39.
	        
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