Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Politische, historische und historisch-kartographische Karten. 
508 
siedelungskarte zusammenhängt. Außerdem enthalten die Grundkarten die rot 
gedruckten Grenzen der Ortsfluren oder Gemarkungen. Ein schwerwiegender Fehler 
der historisch-statistischen Grundkarte ist, daß sie sich von der Topographie los 
gelöst hat. Historische Forschungen in Österreich, in der Schweiz, in Frankreich, 
in Belgien, in Deutschland haben zur Genüge dargetan, daß ein wirkliches Verständnis 
der Grenzlinien jedweder administrativen Bezirke nur auf einer auch die Gelände 
darstellung bietenden Karte denkbar ist. Desgleichen kann das Verständnis für die 
Entwicklung des Verkehrsnetzes, vieler wirtschaftlicher, kulturhistorischer und bio 
logischer Erscheinungen nur mit Hilfe der topographischen Unterlage gewonnen und 
gefördert werden. Das hat man noch zu richtiger Zeit in Deutschland eingesehen 
und neuere Grundkarten, wie die von Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Oldenburg, 
Hannover und Bremen sind weiter nichts als blaßgrau gedruckte Abzüge der Karte 
des Deutschen Iteichs, worauf nun die Eintragungen vorgenommen werden, für die 
ein bestimmtes Schema (im allgemeinen) vorgeschrieben ist. Das deutsche Muster 
der historisch-statistischen Grundkarte hat in Belgien und Holland 1 Anklang ge 
funden, weniger in der Schweiz, in Frankreich und den skandinavischen Ländern, 
trotz der Bemühungen Lamprechts. Österreich-Lngarn besitzt Grundkarten in dem 
Maßstabe 1 : 2880, bei Neuaufnahmen in 1 : 2500 und 1 : 1000. 1 2 In Spanien wird die 
Grund karte einstweilen vertreten durch die Mapas Provinciales in 1 : 200 000 3 , die 
für kulturhistroische und anthropogeographische Studien aller Art gut geeignet sind. 
Alle Karten enthalten ein Verzeichnis der betreffenden Provinzgemeinden mit bis 
auf die Quadratmeter herabgehenden Arealangaben. Ferner sind überall die Gemeinde 
grenzen, Siedlungen und Verkehrswege eingetragen. 
Viele Kräfte können an dem Aufbau von Grundkarten beteiligt werden. In 
dem Lehrer finden wir einen ausgezeichneten Mitarbeiter, wie wir das an der Quellen 
karte des Kantons Aargau (Umgebung von Brugg) sehen, die F. Mühlberg heraus 
gegeben hat. An dieser umfassenden und zurzeit einzig dastehenden Arbeit waren 
171 Mitarbeiter, darunter meistens Lehrer, tätig. J. Früh urteilt über sie: „Für 
die allgemeine Erdkunde wird sie stets als ein Markstein bezeichnet werden dürfen.“ 4 
Auch in Deutschland wäre für derartige und verwandte Schöpfungen, wie die Grund 
karten, die Mitarbeiterschaft der Lehrer noch mehr als bisher heranzuziehen. 
Die Grundkarte verfolgt für Geschichte und Kultur, für die historische An- 
thropogeographie das, was die biologischen Grundkarten (die biologischen Auf 
nahmen) für botanische und zoologische Erforschung eines Landes bezwecken. Ein 
ungeheures kulturgeschichtliches Material wird zusammengetragen, das einem großem 
Publikum zugänglich zu machen eines genialen Bearbeiters bedarf. Denn gerade 
diese Ergebnisse sollten nicht in Schränken verschlossen bleiben sondern beizeiten 
der Öffentlichkeit zugeführt werden, um triebweckend und lebensprießend zu 
wirken. Das kann nicht auf der Grundlage einer Karte 1 : 100000 geschehen, da 
sie vielfach zu unübersichtlich ist. Natürlich muß es wiederum eine Karte sein, 
die genügend Details einzutragen gestattet, die vor allem mit einer guten Gelände 
darstellung ausgestattet ist. Keine Karte scheint mir geeigneter als C. Vogels Karte 
1 Historisch-Statistische Schetskaart, hg. v. d. Centrale Commissie voor de Hist.-Stat.-Kaarten 
in Nederland. 
2 K.Peucker: Das Lithograph. Institut des Grundsteuerkatasters in Wien. P.M. 1916, S.452ff. 
3 Mapas Provinciales, hg. vom Instituto Geogräfico y Estadistico. Madrid 1905 1919. 
4 J. Früh i. P. M. 1909, L. B. S. 26.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.