Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartellbild. 
Stadtbildes zur Ansicht, sodann legt man den ältesten oder jüngsten Stadtplan zu 
grunde, über den verschiedene Oleaten, je nach der Geschichtsepoche (und nach 
Bedarf) gedeckt werden. Das dritte Verfahren besteht darin, auf einem modernen 
Kartenbild durch Farben oder Schraffen die einzelnen Wachstumsperioden vom 
Stadtkern aus darzustellen, wie es G. Braun, ich und andere mehr gepflegt haben. 
Von den neuern Publikationen seien die Karten der Stadt Gent von Fr. Leyden 
und der Städte Göttingen, Northeim und Einbeck von H. Dörries erwähnt. 1 Un 
streitig haben die Karten zur historischen Stadtgeographie immer einen besondern 
Reiz, nicht bloß für den Wissenschaftler, sondern auch für die Ortsansässigen. 
Schwieriger als der Stadtplan sind die Karten der erweiterten Landschaft oder 
kurzweg der Landschaft für historische Studien zu verwenden. Das hängt weniger 
mit ihrer Beschaffung als vielmehr mit ihrer Beschaffenheit zusammen. Die alten 
Stadtpläne sind nicht arm an verarbeiteten Vermessungsergebnissen, wohl aber die 
alten Landkarten. Bei ihrer Benutzung ist die größte Vorsicht geboten. Selbst Ar 
beiten, die sich mit der Veränderung der deutschen Küste befassen, sind nicht frei 
von Klagen über die Unzulänglichkeit der Quellen, wie wir das aus den Studien von 
Arthur Graf zu Reventlow 2 , ferner von Geerz 3 , Geinitz 4 , Wegemann 5 , Drols 
hagen 6 , Behrmann 7 , Hansen 8 u. a. wissen. Unsere Nachfahren in spätem Jahr 
hunderten haben es allerdings besser als vir, die sich auf die gegenwärtigen präzisen 
Landesaufnahmen berufen können 9 ; sie werden daran auch zu richtigem Schlüssen 
gelangen als wir. Wer nicht selbst schon einmal derartigen Arbeiten nachgegangen 
ist, hat keine Ahnung von den sich auftürmenden Hindernissen, die die wahre Ent 
wicklung verschleiern oder gar unmöglich machen. Läßt doch A. Norlind in seiner 
Arbeit über die geographische Entwicklung des Rheindeltas bis um das Jahr 1500 
die Karten ganz fallen, weil er es nicht für möglich hält, sie genau genug zu erhalten 
oder zu entwerfen 10 . Im Vorteil ist man, wenn die Entwicklungsphasen nicht zu weit 
von der Gegenwart entfernt liegen, was wir bei N. Andrussow sehen, der für eine 
genetische Kartenreihe der Meerenge von Karabugas Karten aus den Jahren 1847, 
1864 und 1895 berücksichtigt 11 ; sie genügen vollkommen, um die allmähliche Ver 
sandung und Verlandung der Meerenge zu beweisen. 
1 Fr. Leyden: Grundriß der Stadt Gent an der Vereinigung der Leie u. Schelde, sowie ihrer 
Vororte. P. M. 1923, T. 6. — H. Dörries; Die Städte im ob. Leinetal Göttingen usw. (Landesk. 
Arbeiten des Geogr. Seminars d. Un. Göttingen, hg. v. W. Meinardus.) Göttingen 1925. 
2 A. Graf zu Reventlow: Über die Marschbildung an der Westküste des Herzogtums Schles 
wig. Mit 9 K. Kiel 1863. 
3 Geerz: Historische K. von Dithmarschen, Eiderstedt, Helgoland usw. Redigiert f. d. Zeit 
von 1643—1648. 1 : 120000. Berlin 1886. 
4 E. Geinitz: Die Veränderungen im Mündungsgebiet der alten Danziger Weichsel i. d. letzten 
drei Jahrhunderten. 1: 30000. P. M. 1905, T. 4. 
5 G. Wegemann: Veränderungen an d. Küste des Kreises Hadersleben von ca. 1795—1875. 
P. M. 1907, T. 16. 
6 C. Drolshagen: Neupommern u. Rügen im Rahrren der ältern Kartographie u. Landes 
aufnahme. 1. Teil. Greifswald. Pommersche Jahrbücher 1909, S. 165—216. Mit 5 K. 
' W. Behrmann: Die Entwicklung des Kartenbildes Oldenburgs u. seiner Küste. Jb. f. d. 
Gesch. des Herzogt. Oldenburg XVII, 1910. 
8 R. Hansen: Rüstringen u. Wangerland am Jadebusen. P. M. 1902, T. 4. 
9 Oder auf solche Karten, wie die von Jacoba Hol: Entwurf der Abschließung u. Trocken 
legung der Südersee. 1 : 400000. P. M. 1917, T. 30. 
10 A. Norlind: Die geograph. Entwicklg. des Rheindeltas bis um d. J. 1500. Lund s. a. (1912). 
11 Nie. Andrussow i. P. M. 1897, T. 4.
	        
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