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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
der Wirtschaftskarte. So manche Wirtschaftskarte scheitert an der Klippe des
Tatsachenschwalls, der auf sie eindringt und dem sie scheinbar machtlos vis ä vis
steht. Dagegen sind die wahren und guten Wirtschafts- und Verkehrskarten, ge
stützt auf eine allseitig geistige Durchdringung und die sichere und zielbewußte
Handhabung der kartographischen Darstellungsmittel, die Karten, denen die Gegen
wart und die Zukunft gehört.
195. Marksteine in der Geschichte der Wirtschaftskarte. Merkwürdigerweise
hat das Bedürfnis, besonders wichtige Wirtschaftsstriche der Erde zu markieren,
nicht wie beim Verkehr zu einer kartographischen Darstellung gedrängt. Wenn
wir von alten ägyptischen Karten und von gelegentlichen, sporadischen Einzeichnungen
von wirtschaftlichen Erscheinungen auf Karten des Mittelalters und der Renaissance 1
absehen, treten wirtschaftliche Momente auf der Karte erst dann auf, nachdem man
gelernt hatte, Spezialkarten anzufertigen, auf denen genügend Raum für die Ein
tragung von Tatsachen, die nicht direkt zur Situation oder dem Terrain gehörten,
vorhanden war.
Für spezielle wirtschaftliche Erscheinungen finden wir bereits im Anfang der
neuern Zeit kartographische Erzeugnisse, nachdem der Bergbau, besonders vom
Harz aus, weitere europäische Bergbaugebiete erobert hatte. In den alten Berg
ämtern Rheinland-Westfalens, des Harzes, der sächsischen und der ungarisch-
karpathischen Länder begegnen uns vereinzelt alte, zumeist sehr sorgfältig und
detailliert gezeichnete Manuskriptkarten, die ein Bild von der Lagerung und Ver
breitung der Erze und Erzgänge geben. Die Karten waren nicht für die Öffentlich
keit bestimmt, sondern nur für einen kleinen gewählten Kreis von Interessenten,
für den eignen Betrieb. Wir sehen dies auch an der Karte „Germania Salinaria“,
die nur als Originaltuschzeichnung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zu uns
herübergerettet wurde. 1 2
Abgesehen von Zieglerus' Terrae Sanctae descriptio atlas, 1586 3 , wo sich beim
Toten Meere einige Angaben über „Asphaltis“, „Bitumen“ finden, und abgesehen
von der Scandinavia-Karte des Olaus Magnus, wo die nutzbaren Jagdtiere und
Fische der nordischen Länder abgebildet sind 4 , ist eine der ersten Wirtschaftskarten
in heutigem Sinne die Große Landtafel von Preußen von Caspar Henneberger
aus dem Jahre 1576, eine Karte, die schon in der allgemeinen Geschichte der Karto
graphie eine Rolle zu spielen berufen ist. Sie spiegelt neben anderm den damaligen
Kulturzustand des Landes ab, indem sie die zu jener Zeit zahlreichen Schmelzöfen und
Eisenhämmer zur Verarbeitung des in der Provinz häufig vorkommenden Rasen
eisensteins angibt, ferner die damals noch große Flächen einnehmenden Waldungen
und die Bernstein-Galgen längs der Samländischen Ostseeküste. Daneben wird das
1 z. B. die Abbildungen vom Pfefferstrauch, Muskat- und Nelkenbaum (Gariofili) auf der
Weltk. v. Sim. Grynaeus, Basel 1532. E. v. Nordenskiölds Facsimile-Atlas, Stockholm 1889,
T. XLII.
2 Germania Salinaria. Etwa 1 : 2400000, etwa 1750. [K. Bi. Berlin.] Die verschiedenen
deutschen Kreise sind mit Flächenkolorit versehen; die Salinenorte sind mit roter Doppellinie unter
strichen.
3 Ziegler: Terre Sainte 1536. [Service Hydrographique, Paris.]
4 Vgl. A. E. v. Nordenskiöld: Facsimile-Atlas, Stockholm 1889, S. 59, und Periplus. Stock
holm 1897, S. 92.