Einleitung und Geschichtliches.
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Vorkommen von Auerochsen, Elentieren, Bären, wilden Schweinen, Hirschen und
Kehen angedeutet. 1
Kaum früher als im 18. Jahrhundert treten Karten auf, die direkt als „Wirt
schaftskarten“ anzusprechen sind. In Frankreich und England versuchte man sich
zuerst an die kartographische Darstellung der Produktion des Landes. Im Britischen
Museum befindet sich eine in Madrid veröffentlichte große Kupferstichkarte von
den Philippinen und benachbarten Inselgebieten aus dem Jahre 1727, die auf physi
kalischem Untergrund (Vogelperspektive) die Produkte und Tiere des Landes in
natürlichen Abbildungen en miniature wiedergeben. In dieser Karte kann man den
Anfang zu einer selbständigen Wirtschaftskarte erblicken. Die Versuche galten
mehr landwirtschaftlichen als industriellen Erzeugnissen. Da brachte das Jahr 178*2
mit einem Male eine vollständig ausgeführte Wirtschaftskarte. Die „Neue Carte
von Europa, welche die merkwürdigsten Produkte und vornehmsten Handelspläze
nebst dem Flächen-Inhalt aller Europäischen Länder in deutschen Quadrat-Meilen
enthält“ von A. F. W. Crome. 1 2
Der Karte von Crome liegt das physische Bild Europas zugrunde. Das Gebirge
tritt nur insoweit in Erscheinung als es nicht die wirtschaftsgeographischen Er
scheinungen beeinträchtigt. Für diese sind besondere Signaturen angewandt, zunächst
die üblichen bergmännischen für die Metalle Gold, Silber, Zinn, Kupfer, Eisen, Blei
und Quecksilber, sodann besonders erfundene Zeichen für Steinkohlen, Marmor,
Alabaster, Bernstein, Korallen, Steinöl, Baumöl, edle Früchte, Obst, Zuckerrohr.
Reis, Waid, Safran, Honig, Sude (aus Kali gemacht), Salz, mineralische Quelle,
Marienglas, Holz, Bauholz. Althergebracht sind die Zeichen, die Crome für die Dar
stellung des Weins und der Fische gebrauchte. Unter den Ortschaften werden wiederufn
die Residenzstädte und Häfen hervorgehoben. Mit Zeichen allein konnte es Crome
nicht schaffen. Er nahm Buchstaben zu Hilfe, die ebenso wie jene in Schwarzdruck
erscheinen; denn bunt war nur das politische Randkolorit. Mit Kennbuchstaben
werden veranschaulicht: Viehzucht, Schafzucht, Pferde, Maulesel, Schweine, Wild,
Kamele, Renntiere, Getreide, Manna (Schwaden), Rübsamen, Hopfen, Tabak,
Färberröte, Flachs, Hanf, Rosinen, Korinthen, Manna-Baum, Seide, Baumwolle,
Kork, Edelsteine, Schmak, Perlen und Torf. Selbst wer die Karte nicht gesehen
hat, kann sich vorstellen, daß die Karte bei einem Maßstabe von etwa 1 : 10800000
1 Die Landtafel von Preußen, die der Pfarrer Caspar Henneberger aus Ehrlichen in Thüringen
nach siebenjährigen Mühen und Gefahren 1576 zustande brachte, umfaßt die Herzogtümer Preußen,
Ermland, das Culmer Gebiet, die Werder und die Danziger Gegend und bezeichnet gegenüber den
recht mangelhaften Karten von Aeneas Sylvius (Basel 1551), Henricus Zellius (1550) und andern
einen wesentlichen Fortschritt in der Kartographie des Landes, so daß sie zwei Jahrhunderte hin
durch für die großem, in Holland und Deutschland erschienenen Kartenwerke die alleinige Quelle
zur Kenntnis der Provinz Preußen abgab. Caspar Felbinger schnitt die Karte in Holz. Sie ist
in mehreren unveränderten Auflagen erschienen, so 1595, 1629, 1638 und 1656. Nur wenige und
dazu mangelhafte Exemplare existieren noch. Der Königl. Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft
zu Königsberg ist es Dank zu wissen, daß sie das interessante kulturhistorische Denkmal genau in
der Größe des Originals nach der ersten Ausgabe voni Jahre 1576 reproduzieren ließ (Königsberg 1863).
2 Die Karte von Crome erschien in Dessau 1782. Wir finden sie in 2. Aufl. bei F. A. Schraembl:
Allgemeiner Großer Atlas, Wien 1800, und zwar als K. 10, worauf es heißt: Verfaßt von Herrn A. F. W.
Crome, neu herausgegeben von Herrn F. A. Schraembl. 1787. [K. Bi. Berlin. — Co.-Bi. Hamburg.]
Eine Ausg. der K. existiert auch von 1785, Dessau; eine andere nachgestochene von 1795, Wien. Die
K. hat schon mancherlei Beachtung gefunden, so bei A. Kraus: Versuch einer Geschichte der Handels-
u. Wirtschaftsgeogr., Frankfurt a. M. 1905. S. 32, 33.