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Wirtschafts- und Ver kehrskarte.
Präliminarien zu einer Karte, wie sie Friedrich erstrebt. S. Passarge, der gewiß
ein guter Kenner afrikanischer Verhältnisse ist, plädiert für die Einzeldarstellung. 1
Auch ich habe das Prinzip der Einzeldarstellung in meinem Wirtschaftsatlas der
Deutschen Kolonien befolgt und glaube der Wissenschaft und praktischen Koloni
sationstätigkeit mehr gedient zu haben als wenn ich alle wirtschaftlichen Er
scheinungen in ein Kartenbild zusammengeschweißt hätte. Als zusammenfassendes
Bild am Schluß einer Kartenreihe denke ich mir eine Karte nach dem Sinn
Friedrichs von großem Nutzen.
Die Einzeldarstellung vermag immer am besten einer Sache auf den Grund
zu gehen und sie nach allen wünschenswerten Seiten zu beleuchten. Keine geringem
als A. Petermann und E. v. Sydow haben teils durch das Wort teils durch die
Tat die Einzeldarstellung wirtschaftlicher Dinge verfochten und gepflegt. Als Peter
mann 1856 die Verbreitung der hauptsächlichsten Kulturprodukte der Vereinigten
Staaten von Nordamerika veröffentlichte 1 2 , hatte er in einzelnen Kärtchen dar
gestellt: Mais; Weizen; Roggen und Gerste; Hafer und Buchweizen; Kartoffeln
und Bataten; Erbsen; Bohnen und Gemüse; Wein und Baumfrüchte; Tabak und
Hopfen; Zuckerrohr und Zuckerahorn; Reis, Heu, Klee und Grassamen; Baum
wolle und Flachs; Hanf und Seide; Hornvieh; Pferd, Esel und Maultiere; Schweine
und Schafe. Bewußt folgte Petermann der Regel: Zusammengehöriges zusammen 1
Die einzelnen Karten drücken durch verschiedene schwächere oder stärkere oder
auch korrespondierende Farbtöne die geringere oder größere Intensität der Kultur
aus; eventuell treten gegensätzliche Farben bei zwei Dingen auf einer Karte auf,
wie gelb für Zuckerahorn und blau für Zuckerrohr. Bei der Beurteilung der Topo
graphisch-statistischen Karten der Regierungsbezirke Oppeln, Stettin, Aachen,
Magdeburg usw. im Maßstabe 1:80000 bis 1:200000 von F. v. Rappord sagt
E. v. Sydow: „Schon eine bloße Industrie, in welcher die Verarbeitung der mine
ralischen, vegetabilischen und animalischen Stoffe nach verschiedenen Abteilungen
durch einzelne Farbentöne und deutlich sprechende Zeichen verbildlicht ist, läßt
bei einigermaßen bunter Konfluenz den Wunsch rege werden, die betreffenden Elemente
gesondert auf verschiedenen Karten zu erblicken; kommen aber dazu noch die
Interessen der Statistik, der Kirchen-, Gemeinde-, Polizei-, Justiz-, Steuer-, Forst-
und Militärverwaltung — alle mit gleichen Ansprüchen des deutlichen Hervortretens,
so entsteht ein Aufeinanderpfropfen von Daten, deren eins das andere tötet“. 3 Bei
1 Bei der Beurteilung des „Wirtschaftsatlas der deutschen Kolonien“ sagt S. Passarge
(Deutsche Kolonialzeitung 1907, S. 90): „Mit Ausnahme zweier Karten, die speziell die Baumwoll-
kulturen Togos und Ostafrikas behandeln, hat man die Methode gewählt, auf eine Karte alle Produkte
pflanzlicher, tierischer und mineralischer Abkunft einzutragen mit verschiedenfarbigen Zeichen, teils
Punkten, teils Rechtecken, teils Strichen. Solche Karten zeigen also auf einmal die Verteilung
der Produkte, allein sie sind selten übersichtlich. So muß man sich auch hier in Togo, Kamerun,
Südwestafrika und Ostafrika alles mühsam zusammensuchen und wird leicht Wichtiges übersehen.
Wie klar und übersichtlich steht das Bild auf den Karten da, die allein den Baumwollbau darstellen,
wie verschwommen ist alles auf der andern! Man sollte lieber zahlreiche kleine Kärtchen mit
einem oder einigen wenigen aus verschiedenen Teilen des Gebietes stammenden Produkten zeichnen.
Dann gewinnt man ein viel klareres Bild.“
2 A. Petermann i. P. M. 18 6, T. 20—35. — Die Vereinigten Staaten sind seitdem ein be
vorzugtes Gebiet kulturgeographischer Darstellung geworden. Vgl. die Kärtchen der Ernteerträge
von Rieh. Blum i. P. M. 1903, Ergh. 142.
3 E. v. Sydow i. P. M. 1862, S. 466, 467.