Zur Methodik der Wirtschaftskarte.
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Kartenbild zn vereinen. Es gibt Karten, die gleichzeitig die Produkte der nutzbaren
Mineralien, Pflanzen- und Tierwelt vereinigen; sie sind für einen allgemeinen Über
blick, wenn sie nicht überlastet sind, geeignet. Immerhin ist es vorzuziehen,
konträres, d. h. Dinge, die sich wirtschaftlich nichts angehen, soviel wie möglich
auszuschalten und sich gegenseitig Bedingendes in den Vordergrund zu rücken; das
geschieht beispielsweise, wenn ich auf der Karte mit der Seidenraupenzucht die
Verbreitung des Maulbeerbaumes vereine oder mit der Verbreitung der Eskimos
die der Robben und Moschusochsen. Am bequemsten ist die Verquickung irgend
eines Naturproduktes mit dem durch es hervorgerufenen Industriezweig. Seit altersher
wurden bei den Fundorten von Metallen gern die Bergwerke verzeichnet. Wir sehen
Karten der Zuckerrübenkultur mit den Zuckerfabriken, der Hopfenkultur mit den
Bierbrauereien, der Eisen- und Kohlenproduktion mit den großen Werken der
Schwerindustrie usf.
Mit dem Hinweis auf die kombinierenden Karten sind wir stark in das Gebiet
der Industriekarte hineingeraten. Sie ist momentan eine der wichtigsten Karten.
Sie erfordert eine Sonderuntersuchung, weshalb wir hier mit dem Beleg durch Bei
spiele verzichtet haben. Sie vor allem hat die neue Bewegung in der Anfertigung von
Wirtschaftskarten eingeleitet. Sie stellt aber auch die größten Anforderungen an die
Karte und strebt am meisten dem Ideal nach, das ich beim Wesen der Wirtschaftskarte
erörterte und das auch E. Friedrich bei seinen Deduktionen vorgeschwebt hat.
Wenn ein bestimmter Zweck oder eine bestimmte Idee eine Reihe von Karten
beseelt, kann gegebenenfalls die gesamte industrielle Betätigung berücksichtigt
werden. Handelt es sich beispielsweise um die historische Entwicklung des industriellen
Lebens eines Staates, werden die einzelnen Kartenblätter, die die räumliche Ver
teilung der Industrie zu verschiedenen Epochen zum Vorwurf haben, alle wichtigem
Zweige der Industrie umfassen. Die Schweiz, die außer den topographischen Karten
des eignen Landes auf andern kartographischen Gebieten nicht hervorragend viel
Originelles geleistet hat, besitzt einen altern, von H. Wartmann herausgegebenen
Atlas über die Entwicklung von Industrie und Handel der Schweiz, dessen Nach
ahmung andern Staaten, auch heute noch, natürlich auf moderne Verhältnisse über
tragen, empfohlen werden muß. Die acht Blätter des Atlas geben mit dein Bild
der räumlichen Verteilung der schweizerischen Industrie zu verschiedenen Zeiten
zugleich eine Darstellung des Handels der Eidgenossenschaft, ebenfalls in ver
schiedenen Epochen. 1
199. Die wirtschaftsgeographische Grundkarte. Im ersten Band der Karten
wissenschaft habe ich bei der Erörterung der topometrischen Grundkarte deren
1 H. Wartmann: Atlas über die Entwicklung von Industrie u. Handel der Schweiz. Be
arbeitet i. Auftr. der Schweizer. Kommission f. d. additionellen Ausstellungen in Wien. Winterthur
1873. Das 1. Bl. zeigt die Verbreitung der Industrie um das Jahr 1770, bzw. vor 1798. Das 2. Bl.
enthält eine Darstellung der schweizer. Industrie um 1820 bzw. 1820—1830. Bl. 3, das Jahr 1870
und folgende berücksichtigend, also der damaligen Gegenwart entsprechend, zeigt bedeutende Ver
änderungen des industriellen Lebens. Bl. 5 veranschaulicht die Absatzgebiete der schweizer. Aus
fuhr für 1770. Bl. 6 entspricht dem Jahre 1820, Bl. 7 dem Jahre 1870. Auf Bl. 5 figuriert als Haupt
ausfuhrartikel Leinwand, auf Bl. 6 Leinwand und Baumwolle, auf Bl. 7 Baumwolle. — Gute geo
graphisch-statistische Karten der Schweiz haben Anderegg u. Mangold gezeichnet. Die Industrie
karte der Schweiz von H. Schiatter wurde seinerzeit sehr gelobt. Vgl. К. C. Amrein: Bericht
üb. d. Kartographie der Schweizerischen Landesausstellung Zürich 1883. Zürich 1884, S. 15.