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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
verliert auch sie sich ins einzelne. Das Großzügige einer Kulturkarte höherer Ordnung
hat zuerst Fr. Ratzel erfaßt und dem in seiner Kulturkarte der Vereinigten Staaten
von Amerika 1 Ausdruck verliehen. Alle bedeutendem Orte von 8000 Einwohnern
an aufwärts sind in dreierlei Ortssignaturen wiedergegeben, die Neger- und Indianer
gebiete, die Kohlenfelder und Eisenerzlagerstätten in verschieden schwarzer Schraffur
und Punktur. In farbigem Flächenkolorit liegen darüber die Gebiete des Hafers
und der irrigierten Wiesen (grün), des Weizens (rot), des Maises (gelb) und der Baum
wolle (blau). Besonders kenntlich gemacht ist noch die Grenze des Steppengebietes
und der Gebiete mit weniger als 10 Zoll Niederschlag. Außerdem überzieht noch ein
rotes Eisenbahnnetz das Kartenbild. In der Ratzeischen Darstellung haben wir eine
durchaus geographisch bearbeitete Karte der materiellen Kultur mit ethnographischem
Einschlag, der sich in den Vereinigten Staaten bezüglich der Wirtschaft mehr als
wo anders prägnant ausspricht. Was eine großmaßstabige Karte in den Tropen
vermag, bezeugt die Topographische Kaart van Aruba in 1 : 20000, erschienen 1913
in Haag. Infolge des großen Maßstabes gehen selbst die geringsten Einzelheiten
nicht verloren. Wir finden neben vielen kulturellen Angaben Brunnen, Brunnen
mit Windmühlen, gegrabene Reservoire für das Regenwasser u. a. m. verzeichnet.
Selbst die einzelnen Dividivi- und Aloebestände kann man unterscheiden, ebenso
wie die Obstbaum- und Kokospalmengärtchen.
213. Kulturelle Spezialkartell aus (lern Gebiete der drei Naturreiche. Für uns
erübrigt sich noch, auf eine Reihe von Karten hinzuweisen, die man bei einer Er
örterung der Wirtschaftskarte kaum übergehen kann, deren Einreihung sich auch
an anderer Stelle wie gerade hier rechtfertigen läßt, die wir jedoch ohne Bedenken
jetzt bringen, als Beweis dafür, in wie mannigfacher Weise sich Wirtschafts- und
verwandte Karten betrachten lassen. Es kommt ganz auf den Standpunkt an, den
man von vornherein ihnen gegenüber einnimmt. Dabei wollen wir es uns nicht
verhehlen, daß es manchmal recht schwer wird, den richtigen Standpunkt zu wählen.
Wenn ich trotzdem eine Anzahl von Karten heranziehe, die an bereits erwähnte
anklingen, achte ich hier mehr auf wirtschaftsgeographische Spezialitäten und be
sondere Bearbeitungsweisen, die nicht ohne weiteres zu übersehen sind. Es ist in
der Tat nur eine Kost für wirtschaftsgeographische und kartographische Fein
schmecker. Ich erinnere bereits an Otto Brills Karte der Verbreitung der Frucht
haine in Italien, worauf in verschiedenen Farben Ölbäume, Edelkastanien, Agrumen,
Mandeln und Maulbeerbäume erscheinen. 1 2 Auch Sammelwerke von Karten wären zu
nennen, wie die wirtschaftsgeographischen Karten und Abhandlungen zur Wirtschafts
karte der Länder der ehemaligen österreich-ungarischen Monarchie, die vom Handels
ministerium in Wien unter der Redaktion von E.Heiderich herausgegeben worden sind. 3
1 Fr. Ratzel: Politische Geographie der Vereinigten Staaten von Amerika. II. 2. Aufl.
Mit 1 Kulturk. i. 1 : 10000000. München 1893.
2 Otto Brill i. P. M. 1909, T. 11.
3 E. Heiderich: Wirtschaftsgeogr. Karten usw. Wien 1918/19. — Wir heben hervor aus
Heft 2/3: W. Hecke: Wachstum u. Berufsgliederung der Bevölkerung. 1 : 4000000. — Heft 5:
K. Janovsky: Die Baum Wollindustrie. 1 : 500000 u. 6 Nebenk. — Heft 6: C. Erhard: Die Pferde
zucht; E. Puteani: Die Rinder-, Schweine-, Ziegen- u. Schafzucht; G. Wieninger: Die Geflügel
zucht; A. Alfonsus: Die Bienenzucht. 6 K. i. 1 : 3000000. — Heft 9: F. Krawany: Die Papier
industrie; G. Fritz: Die Vervielfältigungsindustrie. 1 K. i. 1:1500000. — Heft 10: L. Waagen:
Bergbau u. Bergwirtschaft. 2 K. i. 1 : 1500000 und 1 : 3000000. — Vgl. die Besprechung üb. diese
Karten i. P. M. 1921, S. 136.