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Die See und Meerkarte.
Reisen unternommen werden. Die Segel- oder Kurskarten bewegen sich vorzugs
weise in den Maßstäben 1 : 800000 bis 1 : 700000. Sie braucht der Nautiker zur
Festlegung des Bestecks. Darum müssen sie im Maßstab so groß gehalten werden,
daß eine Ablesung der Minuten an der Längen- und Breitenskala möglich ist.
Für die Küstenfahrt, insbesondere zur Einfahrt in Buchten oder zur Durch
fahrt von Meerengen, braucht man die Küstenkarten, in den Maßstäben 1 : 100000
bis 1 : 300000. Wegen des großem Maßstabes ist die Detailzeichnung eine weit reich
lichere als die der Segel- und Übersichtskarten. Sie muß so deutlich sein, daß man
jeden Punkt an der Küste bestimmen kann. Desgleichen muß die Feststellung der
Position durch Peilung nach Landobjekten möglich sein. Dem gleichen Zwecke dienen
die Sonderkarten, die hauptsächlich die Maßstäbe 1 : 50000 bis 1 : 100000 inne
halten. Eine letzte Gruppe umfaßt schließlich die Pläne, die sich in den Maßstäben
1 : 10000 bis 1 : 50000 bewegen. Zuweilen kommen größere Maßstäbe vor, bei den
deutschen Seekarten bis 1 : 5000, z. B. bei verschiedenen Hafenplänen, wie dem von
Leba, Hadersleben. Ein Ausnahmemaßstab ist der von 1 : 2000, in dem die Hafen
anlagen in Oldenburg uns vorgeführt werden. Im allgemeinen vermeidet der Seemann
zu große Maßstäbe. Karten mit derartigen Maßstäben sind auch meistens nur für
die Zwecke der Marine herausgegeben.
Wichtig für den Gebrauch von Seekarten und letzten Endes für sie selbst ist
ein gut angelegtes Kartenverzeichnis, das neben dem Titel der Karte auch den Maß
stab, die Größe der Blätter, das Jahr der Herausgabe und der letzten großem Be
richtigung und schließlich den Preis bringt. In dieser Beziehung ist das „Verzeichnis
der deutschen Admiralitätskarten und nautischen Bücher des Reichs-Marineamts“
vorbildlich. Ebenbürtig ist der nordamerikanische Seekarten-Katalog. 1 Wie kärg
lich dagegen erscheint die englische „Consecutive list of the Admiralty Charts“
bloß mit dem Titel und der Preisangabe der Karten.
13. Aufnahme und Vermessung der Seekarte. Ihre Verwandtschaft mit der
Landkarte offenbart die Seekarte in den Vermessungs- bzw. Aufnahmemethoden, die
fast samt und sonders die gleichen wie die der Landesaufnahme sind. Lediglich bei
der Feststellung des Meerbodenreliefs hat sie ihre eigenen Aufnahmeverfahren. In
dem Lotapparat hat sie ein weit bequemeres Mittel, die Höhen oder vielmehr die
Tiefen zu messen, als es die Landesaufnahme im Barometer und Theodolit besitzt;
bequemer hauptsächlich deshalb, als das Meeresniveau gleichsam den von der Natur
gegebenen Normalnullpunkt darstellt, auf den alle Tiefen sich ohne weiteres beziehen
lassen, und der jederzeit ohne große Schwierigkeit zu ermitteln ist. Freilich wird
die Tiefe, wenngleich sorgfältig, doch nie mit der Sicherheit gelotet, wie die Höhe
gemessen wird (vgl. § 30). Immerhin werden durch die Lotung für die Seekarte
Ergebnisse erzielt und ermittelt, die für den Nautiker als gut und brauchbar angesehen
werden. Von den schier unzähligen Lotungen wird kaum der fünfte Teil ins Karten
bild aufgenommen. Daß mit der Zeit die Apparate und Methoden der Meerestiefen
messung an Feinheit und Zuverlässigkeit gewonnen haben, bedarf weiter keiner nähern
Ausführung. Ein weiterer Unterschied der Meerestiefenaufnahme gegenüber der
Landesaufnahme liegt in der fortwährenden Änderung der Tiefen an sandigen Küsten,
1 Catalogue of charts, coast pilots, and tide tables; hg. vom Department of commerce.
U.S. Coast and geodetic survey. Washington 1914.