Einzelne wichtigere Arten der Wirtschaftskarte.
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schaftliche Maßnahmen und. Erscheinungen, die mehr sozialer Natur sind, richte.
Die Karte kann die Maschinenindustrie besonders betonen oder die Haus-, die
Heimindustrie. Das Hausgewerbe hat mitunter einen ethnographischen Anstrich
und wird schließlich zu einem ethnographischen Forschungsobjekt, wo es als solches
allein bei Völkern, die der europäischen Kultur fernstehen, vertreten ist. 1 Weiterhin
wird die Industriekarte gewisse verwaltungstechnische Maßnahmen und territoriale
Konzessionen versinnbildlichen, so ähnlich wie die politische Karte die Interessen
sphären der Völker. Als P. Langhans eine Karte von dem Lothringischen Minette-
Gebiet und dessen wirtschaftlicher Nutzung entwarf 1 2 , legte er mit drei Farben
die Gebiete der Grubenkonzessionen in Frankreich, Luxemburg und Deutsch-
Lothringen an. Besondere Signaturen zeigen außerdem die Verteilung der Hoch
öfen, Eisengießereien, Stahlhütten, Walzwerke und Bergwerke. Vielfach werden
gewisse Karten als Grundkarten angesehen, auf die sodann Konventionen, Syndi
kate usw. eingetragen werden. 3
In einzelnen Betrieben hat man bereits auf bessere wirtschaftsgeographische
Karten Wert gelegt, allerdings auf Karten, die mehr den Unternehmungen selbst
als einer großem Öffentlichkeit dienen, obwohl auch diese mit ihnen bekannt ge
macht werden müßte. So besitzen wir eine ausgezeichnete Karte der Steinkohlen-
und Braunkohlengruben im Deutschen Reiche von W. Friese 4 , die nicht bloß die
einzelnen Fund- und Produktionsgebiete klar unterscheidet sondern auch ihre
Zugehörigkeit zu den amtlichen Verteilungsstellen und den Oberbergämtern.
217. Zur Anthropogeographie der Industriekarte (Wirtschaftskarte). Boden
schätze und Bodengestalt, die als wichtige Grundlagen wirtschaftlicher Entwicklung
gelten, sind die gleich wichtigen für die Bevölkerungsverteilung, weshalb sie bei einer
anthropogeographischen Betrachtung seither besondere Berücksichtigung fanden.
Boden, Volk und Industrie bzw. wirtschaftliche Betätigung gehören so eng zu
einander, daß wir von einer anthropogeographischen Seite der Industrie oder kurz
weg von einer Anthropogeographie der Industrie zu reden berechtigt sind. Zum
mindesten ist die Wirtschaft von der Anthropogeographie nicht auszuschließen.
Fr. Ratzel hat zwar diese Seite der Anthropogeographie nicht berücksichtigt, aber
neuere Anthropogeographen, wie R. Reinhard, N. Krebs, A. Dix, haben ihr bereits
Aufmerksamkeit geschenkt. Die Industrie eines Landes wird in ihren Ausmaßen
und Wirkungen erst recht verständlich, d. h. kulturverständlich, wenn sie zu ihren
Trägern, den Berufstätigen, in Beziehung gesetzt wird. Darum wird das Streben
einer tiefer blickenden Wirtschaftsgeographie erklärlich, neben den Karten der
Urproduktion und der Industrie auch solche der wirtschaftenden Menschen zu
1 Vgl. A. Dirr: Die Verbreitung der Hausgewerbe (Kustari) im Daghestan. P. M. 1910,1, T. 50.
2 P. Langhans: Das lothringische Minette-Gebiet usw. P. M. 1917, T. 8.
3 Auf einer Verkehrs- u. Reisek. v. Deutschland, die P. Krauß i. 1: 1500000 gezeichnet hat
u. die im Bibliograph. Institut in Leipzig 1909 erschienen ist, wird z. B. das Deutsche Reich in fünf
Bezirke bezüglich der Preisgestaltung von Spiegelglas eingeteilt. Die Abmachungen, die in einem
Bezirk beschlossen sind, müssen von den andern respektiert werden. Die Sitze der Bezirke sind
Leipzig, Frankfurt a. M., Berlin, Köln u. Hamburg.
4 Die K. ist bearbeitet von W. Friese in d. Abteilung der Statistik des Reichskommissars
f. Kohlenverteilung nach d. Angaben der Oberbergämter u. Bergbehörden, der amtlich. Verteilungs
stellen u. der Kohlensyndikate. 1: 800000. Berlin s. a. Gea-Verlag.