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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
besitzen. Die Bevölkerungskarte gibt der Wirtschaftsgeographie wichtige Anhalts
punkte für ihre eingehendem Untersuchungen, ist sie doch bei genauerm Hinsehen
großenteils ein Abbild der mehr oder minder wirtschaftstüchtigen Menschheit. Die
Siedlungsformen, ob Großstadt, Landstädtchen, ob geschlossenes oder offenes Dorf,
ob Einzelgehöft sind einmal die Folgeerscheinungen menschlicher Wirtschaft, das
andere Mal die Ursachen wirtschaftlicher Erscheinungen; sie sind z. B. von Einfluß
auf die Verteilung der Felder nach Lage, Abgrenzung, Gestalt und Größe. Be
sondere Typen von Feldern entwickeln sich. Ihre Darstellung ist noch ein Feld
schwacher kartographischer Betätigung, wie auch die der Gebiete mit Großgrund
besitz und Kleingrundbesitz 1 , der oft durch ungehinderte Erbteilung zu winzigen
Feldern zusammengeschrumpft ist. Die verschieden großen Feldareale und ihre
verschiedene Güte bestimmen außer Landschafts- und Landwirtschaftsbild auch
das allgemeine Wirtschaftsbild. Wie Volksdichte und Kulturen eng zueinander ge
hören und eins das andere bedingt, hat N. Krebs für die österreichischen Alpen
nachgewiesen. 1 2 Seine Untersuchungen resultieren in zwei farbigen Karten, deren
eine die Verteilung der Kulturen in den österreichischen Alpen und deren andere
die Menschen auf dem Quadrat-Kilometer der produktiven Fläche darstellt. Das
Ideal ist nun, beide Karten in ein einziges Bild zu vereinen.
Mehr nebenbei sei bemerkt, daß nicht bloß Siedlung nebst Wirtschaftsfläche
und Industrie in engem Zusammenhänge stehen, sondern darin auch in manchen
Landstrichen merkwürdige völkische Eigentümlichkeiten zum Ausdruck kommen.
Das ethnographische Bild gleichsam als Unterlage für eine Industriekarte zu geben,
hat Ernst Oberhummer mit seiner Wirtschaftskarte der Tschechoslowakischen
Republik versucht, indem er die Verbreitung der Tschechen einschließlich Slowaken,
der Deutschen, Madjaren, Polen und Ukrainer farbenflächig darstellte. 3 Ohne
weiteres ergibt das Kartenbild, daß die hochentwickelsten und vielseitigsten Industrien in
dem Gebiete sich vorfinden, wo Deutsche das Hauptkontingent der Bevölkerung bilden.
Der Einfluß der Landwirtschaft auf die Volksdichte ist öfters Gegenstand
kartographischer Betätigung, sowohl auf Seite von Einzelpersonen 4 wie auf Seite der
Staaten. Gern wird das Verhältnis der ackerbautreibenden Bevölkerung zu der
gesamten Bevölkerungszahl versinnbildlicht. 5 Hie und da wird die Industrie
bevölkerung zugleich in den Kreis der Betrachtungen mit hineingezogen, wie es in
nicht ungeschickter Weise vor längerer Zeit durch Henry Lange geschehen ist,
der außerdem die Verbreitung der Textilindustrie, des Erz- und Steinkohlenberg
baus mit illustrierte 6 , und wie es mehr neuern Datums uns geboten ist auf der
„objektiven“ Karte der Bevölkerungsverteilung in Oberfranken und der „demo
1 Nur in Veröffentlichungen der statistischen Ämter; in Deutschland in den Bänden der Statistik
des Deutschen Reichs, die die Ergebnisse der Berufs- u. Betriebszählung vom 14. Juni 1895 bringen.
2 N. Krebs: Die Verteilung der Kulturen u. d. Volksdichte in den österreichischen Alpen.
Festschrift, dem Deutsch. Geographentag bei seiner XVIII. Tagung, Pfingsten 1912 zu Innsbruck,
gewidmet v. d. k. k. Geogr. Ges. in Wien. Wien 1912, S. 1 — 61. 3 K.
3 Ernst Oberhummer i. P. M. 1920, T. 36.
4 In der ethnographisch-statist. K. v. Italien von A. Petermann i. P. M. 1859, T. 14, sehen
wir zunächst eine K. der Volksdichte; eine Nebenk. bringt den Weinbau u. den Reisbau.
5 Vgl. H. Gebhard: Atlas de statistique sociale sur les communes rurales de Finlande en
1901. (Fennia XXIV.) Helsingfors 1908. 55 K. auf 46 K.-Blättern. Die Grundlage ist die K. v.
Finland in 1: 2000000.
6 H. Lange, a. a. O., T. 11, Nebenkarte.