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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
und Kohle. Die ausgezeichneten Karten in flächentreuer Hammer scher Projektion
hat er seiner Geographie des Welthandels und des Weltverkehrs beigegeben. 1 Die
Stärke der Linien entspricht dem Umfange der Transporte. Diese Versinnbildlichung
fördert wohl die Anschauung, indessen ist sie zu allgemein ausgedrückt. Die Stärke
der Linien muß in einem zahlenmäßig bestimmten und wiederum auffind
barem, nachmeßbarem Verhältnis zur Verkehrsleistung, d. h. zum Transport
umfang stehen. Dann hat das Kartenbild erst vollen Wert und nicht bloß allgemein
orientierenden. — Doch diese Erwägungen führen uns bereits zur Verkehrs karte,
insbesondere zu den Einheitskarten der Güterbewegung, wie sie E. Tiessen ent
worfen wissen will, hinüber, wo wir ausführlicher diese Propleme untersuchen werden.
B. Die Verkehrskarte.
I. Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarte.
220. Die rudimentäre Wiedergabe der Verkehrswege im Altertum. Wird von
den Verkehrswegen und ihrer Entwicklung gesprochen, versteht man darunter schlechter
dings nur die Landverkehrswege. Indessen sind auch die Seeverkehrswege nicht zu
vernachlässigen. Der Landverkehr kennt den Fußpfad, den Saumweg, die Straße und
die Bahn. Der Verkehr ist zunächst örtlicher und damit echt geographischer Natur.
Das scheint er zunächst in größerm Maße als die Wirtschaft zu sein, weshalb sich die
Verkehrsgeographie auch früher als die Wirtschaftsgeographie ausbildete.
Bei einer Untersuchung der Verkehrskarte kommt es in der Hauptsache auf
die Entwicklung der Verkehrswege und deren Wiedergabe an. Im Hinblick darauf
unterscheide ich sechs Perioden: Die rudimentäre Wiedergabe der Verkehrswege
im Altertum, die bewußte Darstellung von Wegen und Entfernungen im Mittelalter
(und im Altertum), die Wegekarten nach Etzlaubschem Typus im 16. Jahrhundert,
das Herausarbeiten des qualitativen Elementes der Wege im 17. Jahrhundert, die
horizontale Festlegung der Straßen im 18. Jahrhundert, die vertikale Festlegung
der Straßen im 19. Jahrhundert und die moderne Verkehrskarte. 1 2
Die großen Zusammenhänge der Menschheit, die durch die Verkehrswege ge
schaffen werden, waren bei den Alten trotz des Staffettenverkehrs der alexandrinischen
und römischen Periode nicht ins Bewußtsein der Allgemeinheit gedrungen. Darum
enttäuschen die alten Kartenbilder; die Alten kamen eben über eine rudimentäre
Darstellung der Verkehrswege nicht hinaus.
Sich über den Weg, den man zurückgelegt hat oder auf dem man zum Nachbar
gelangt, zu orientieren, war sicherlich das erste Bedürfnis, das zu einer kartographischen
Darstellung hindrängte. Fast alle kartographischen Erzeugnisse, wie sie uns aus
ältester Zeit und von primitiven Völkern überliefert werden, sind als eine Art Wege
1 E. Friedrich: Geographie des Welthandels u. Weltverkehrs. Jena 1911. T. 2—6.
2 Eine eingehende und kritisch verfahrende Arbeit liegt vor in der von Willi Löwenberger
v. Schönholtz: Die kartograph. Darstellung der Wege, Straßen u. Eisenbahnen, ihre geschieht!.
Entwicklung u. kritische Würdigung. Diss. Königsberg i. Pr. 1914. Obwohl die Untersuchung
bezügl. der Renaissance und Folgezeit noch vielerlei Ergänzungen bedarf und sich hie und da auf
fällig an andere Autoren anlehnt, wie an J. Röger, muß man die Arbeit begrüßen und nur wünschen,
daß ähnliche Untersuchungen uns bald in reicherer Anzahl beschert sein mögen.