Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

596 
Wirtschafts und Verkehrskarte. 
wurden zu einem Ptolemäus redivivus, der dem gesamten Abendlande ein bedeutender 
Lehrmeister wurde. Unter den Tabulis novis machen sich Keisekarten bemerkbar, 
deren Auffassung und Ausstattung auf E. Etzlaub zurückführen. 
Bevor ich mich den Karten von Etzlaub und Etzlaubschem Typus zuwende, 
muß ich zweier Karten gedenken, die uns mit Wegedarstellung und Entfernungsangaben 
vertraut machen. Aus der Zeit der Erührenaissance (Mitte des 15. Jahrhunderts) 
besitzen wir eine Manuskriptkarte auf Pergament des Gardasees mit Umgebung in 
ungewöhnlich großen Dimensionen, 3,05 m hoch und 2,22 m breit. 1 Darauf sind sämt 
liche von Verona ausgehende Straßen jener Zeit entsprechend genau verzeichnet. 
Den Straßen ist eine Tabelle beigegeben, worin die Entfernungsangaben von Verona 
ab sich befinden; diese waren zugleich ein Hilfsmittel für die Konstruktion der Karte. 
In Seb. Münsters „Erklärung des newen Instruments der Sunnen“, Oppenheim 1528 1 2 , 
befindet sich eine kleine Holzschnittkarte „Heydelberger becirk uff 6 meilen beschrieben“ 
worauf einige Hauptw r ege, die durch Meilenangaben und Winkelmessungen festgelegt 
sind, sich in punktierten Linien darbieten. 
Die älteste gedruckte Spezialkarte heftet sich, soweit uns die Karten-Inkunabeln 
bis jetzt bekannt sind, an den Namen Erhard Etzlaub (1460—1582). Dessen Werke 
schienen für immer vom Dornröschenschlaf befangen, selbst unsere großen Geographen, 
die das Studium der Erdkunde nicht außer acht ließen, wie A. v. Humboldt, C. Bitter 
und 0. Peschei wissen nichts von Etzlaub, bis es erst Aug. Wolkenhauer gelang, 
den Schleier über Etzlaubs Wirken und Bedeutung zu lüften. 3 Der Vorwurf für Etz- 
laubs Spezialkarte bildete Nürnberg und Umgebung. Die Stadt selbst liegt in der 
Mitte der kreisförmigen Karte, deren Badius 16 Meilen beträgt. In radialer Bichtung 
sind die Orte abgemessen und einkonstruiert worden; ihre Entfernung ist mit Hilfe 
des beigegebenen Meilenmaßstabes abzugreifen. Die Karte ist im Jahre 1492 ent 
standen. Von ihr war zu den nächsten Karten von Etzlaub aus den Jahren 1492 und 
1501 nur ein kleiner Schritt, auf denen wiederum Nürnberg in die Mitte gestellt wurde, 
besonders bei der Karte von 1501, von wo aus die Straßen durch Deutschland und 
bis nach Born führten. Daß bei den wenigen und teils unsichern astronomischen Posi 
tionen die Entfernungen mit dem Meilenmaßstab nicht abgegriffen werden konnten, 
darüber war sich Etzlaub bei seiner guten mathematischen Bildung klar. Er findet 
einen Ausweg darin, daß er die Entfernung zwischen den Orten durch eine Beihe von 
Punkten, die die Anzahl der Meilen angaben, veranschaulichte. Gewiß standen ihm 
bei dieser Arbeit Meilenbücher von Nürnberger Kaufleuten zur Verfügung. 
1 Die Karte befindet sich im k. k. Haus-, Hof- u. Staatsarchiv in Wien. Vgl. A. Feuerstein: 
Die Entwicklung des Kartenbildes von Tirol bis um d. Mitte des 16. Jahrh. Festschrift, dem Deutsch. 
Geographentag bei seiner XVIII. Tagung, Pfingsten 1912, gewidmet v. d. k. k. Geogr. Ges. i. Wien. 
Wien 1912. S. 136. 
2 Vgl. L. Gallois: Les géographes allemands de la rénaissance. Paris 1890. S. 255—257. 
3 Unter den ausführlichem Veröffentlichungen Aug. Wolkenhauers seien genannt: Üb. 
d. ältesten Reisekarten von Deutschi, aus d. Ende des 15. u. d. Anfänge des 16. Jh. Deutsche 
Geogr. Bl. XXVI. Bremen 1903. Heft 3 u. 4. — Der Nürnberger Geograph Erhard Etzlaub. Vor 
trag auf dem XVI. Deutsch. Geographentag zu Nürnberg 1907. Vgl. d. Verhandlgn. dazu/ Berlin 
1907, S. 124—146. — Üb. weitere Lit. vgl. W. Wolkenhauer: Erhard Etzlaubs Reisek. durch 
Deutschi. 1501. Nikolassee bei Berlin 1919. — Exemplare der Ausgabe von 1492 befinden sich in 
Nürnberg, Göttingen, Dresden, München, Paris, der Ausgabe von 1501 in Wien (Hauslab-Liechten- 
steinsche Bibliothek), Löbau i. Sachs. Neuere Auflagen der K. von 1501 auch in Wien, ferner 
im Germanischen Mus. zu Nürnberg. Das beste Exemplar, das ich gesehen habe, ist das vom Jahre 
1501 in der Hauslab-Liechtensteinschen Bibliothek.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.