Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die See- und Meerkarte. 
aber kartographisch fixiert erscheinen solche zuerst in einer Lotungsreihe zwischen 
der Insel Trinidad und den Amazonasmündungen auf der berühmten Rumben-Welt- 
karte des Juan de la Cosa aus dem Jahre 1500 (1504). 1 Auf den Karten des 16. Jahr 
hunderts sehen wir zunächst noch spärliche Angaben, an oder in den Fahrtrinnen 
von Flußmündungen und Häfen, wie wir es z. B. in Waghenaers Seespiegel von 
1584 sehen. 1 2 In der ersten Ausgabe von W. und J. Blaeus berühmtem Kartenwerk 
,,1'ooneel des aerdrijcx ofte nieuwe atlas“, Amsterdam 1685, begegnen uns Tiefen 
angaben in Faden auf der Karte mit der Elbe- und Wesermündung; sodann auf einer 
holländischen Karte der Hudsonmündung. 3 In dem Atlas des Portugiesen Tayxeira 
aus dem Jahre 1640 werden auf den Seekarten die Tiefen des Meeres angegeben. 4 
Sie häufen sich von Jahr zu Jahr, wie wir in den Seekartenwerken van Keulens 
wahrnehmen. Schüchtern beziffert man bereits auch Küstengebiete, die von der 
Schiffahrt • tunlichst gemieden werden, also die Gefahrküsten. Doch bei all diesen 
Tiefenangaben wissen wir nicht, ob es sich um Nieder- oder Mittelwasser handelt. 
Die präzisem Angaben hierüber erscheinen erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts, 
und sie werden im 19. Jahrhundert zu einem Charakteristikum der guten Seekarte 
großem Maßstabes. In den deutschen wie englischen Seekarten beziehen sich die 
Tiefenangaben sowie die Höhenangaben auf trocken fallenden Sänden, Watten, Kiffen 
auf mittleres Niedrigwasser der Springzeit, in gezeitenlosen Gewässern auf 
einen mittlern Wasserstand, wenn nicht etwas anderes in den Karten vermerkt 
ist; so wird beispielsweise auf der Karte Kleiner Belt (Gewässer um Alsen in 1 : 50000) 
bei den auf Mittelwasser eingestellten Tiefenangaben aufmerksam gemacht, daß an 
haltende heftige Winde häufige Schwankungen des Wasserstandes von ± 0,5 m und 
mehr verursachen. Die Tiefen werden also bei den Seekarten von einem bestimmten 
Niveau aus gerechnet, was man Kartenniveau nennt. Es ist nicht mit Normal 
null der kartographischen Landesaufnahme zu identifizieren, da es tiefer wie jener 
Punkt liegt. Auf den Übersichtskarten außerhalb der deutschen Meere spricht man 
in der Regel nur von den „Höhen und Tiefen in Metern“, weil eben bis jetzt die Tiefen 
zahlen noch auf kein einheitliches Niveau bei den einzelnen Seemächten zurückführen. 5 
Von den unzähligen Tiefenlotungen, die wir allmählich von den bekannten See 
küsten besitzen, kann eo ipso nur ein Bruchteil ins Kartenbild aufgenommen werden 
(s. oben). Dabei wird auf Lesbarkeit und eine gewisse Ökonomie zur Größe und Bedeu- 
1 A. E. v. Nordenskiöld: Periplus. T. XLI1I. — Die einzige Lotungsreihe ist auffällig. 
Vielleicht sollte dadurch mit die außerordentliche Bedeutung, die das neu entdeckte Land für Por 
tugal habe, besonders hervorgehoben werden. 
2 Tiefenangaben finden sich auch auf zwei Portulankarten Gerritzoons v. J. 1588; ferner 
auf Seutters Nova mappa maris Nigri et Freti Constantinopolitani, einer Kopie von Nie. Visschers 
Nouvelle carte de la mer Noire et du canal Canstantinople. 
3 Hudson river. Copy made c. 1660 of a map of minuit’s time c. 1630. [Original i. Washington, 
Library of Congress.] — Die Karte ist reproduziert auf T. 40 in: I. N. Phelps Stokes, The icono 
graphy of Manhattan island, New York 1916, im 2. Teil, der größtenteils von F. C. Wieder be 
arbeitet ist. Dieser Teil führt den Spezialtitel: Cartography; an essay on the development of 
knowledge regarding the geography of the East Coast of North America, Manhattan island and its 
environs on early maps and charts. Mit 84 Tn. 
4 Manuskript des Atlas von Tayxeira in Nat.-Bi. zu Paris. 
5 Zu der oben bereits genannten deutschen und englischen Berechnung sei hinzugefügt, daß 
die Nordamerikaner vom mittlern Niedrigwasser ausgehen und die Franzosen vom tiefsten Niedrig 
wasser.
	        
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