Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarte. 
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Viele der besondern Beisekarten, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutsch 
land erschienen, zeigen Anlehnung an die Postkarten. 1 Dennoch verfolgen verschiedene 
einen durch eigene Verhältnisse bedingten Zweck. Der Anstoß zu diesen Sonderkarten 
ging von der Schweiz aus. Die Werke von H. B. de Saussure und J. G. Ebel lockten 
am Ende des 18. und am Anfang des folgenden Jahrhunderts alljährlich einen ansehn 
lichen Strom Naturforscher und Naturgenießender nach der Schweiz, und es entwickelte 
sich aus dem Bedürfnis dieser ersten Alpenwanderungen die Al pen-B eise karte. 
Eine erste derartige Beisekarte war die von W. Haas in Basel (1785), der im Jahre 1818 
eine andere von H. Keller in Zürich folgte. Mit rastlosem Eifer sorgte H. Keller für die 
Vervollständigung seiner Karte und sicherte ihr dadurch ein wahres Monopol zu, das erst 
im Jahre 1880 durch die Bollmannschen Karten erschüttert wurde und ferner durch 
eine Menge anderer neu erstandener Beisekarten, wie sie vor allem den bewährten Beise- 
büchern von K.Baedeker und Meyer (Bibliographisches Institut) beigegeben wurden. 
Im großen und ganzen ist es eine seltene Erscheinung, daß ein Kartenwerk lediglich 
für Beisezwecke herausgegeben wurde, ohne eine bestimmte Verkehrsart im Sinne 
zu haben. Unter anderm gehört hierzu die Beise-, Straßen- und Bäder karte des größten 
Teils vom mittlern Deutschland, die 1886 bei Sim. Schropp u. Co. in Berlin erschien. 
Die sauber gestochene Karte legt den Hauptwert auf die Wiedergabe der guten Straßen 
(Chausseen) und der einfachen gewöhnlichen Landstraßen. Neben den Einzelkarten 
machen sich die Beiseatlanten bemerkbar. Einen Beise- und Postatlas kennen wir 
bereits (S. 605). Die Ansprüche, die damals das reisende Publikum an die Karte stellte, 
waren außerordentlich gering. Das wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts anders, 
insonderheit als man anfing, Beisewerke für Sondergebiete zu schaffen. 
In Bayern entstand der erste Beiseatlas für ein geschlossenes Gebiet. Hier hatte 
man fast zweihundert Jahre an den Appianschen Landtafeln gezehrt, bis erst die 
Cassinischen Landvermessungen neues Leben dem Kartenwesen Frankreichs und 
anderer Länder einimpfte. Trotzdem wäre die Topographie in Bayern wieder ein 
geschlafen, hätte sie nicht der Direktor der Straßen- und Wasserbauten und spätere 
Oberst im Generalstab, Adrian v. Biedl, in einiger Tätigkeit erhalten. Er sammelte 
alle vorhandenen Materialien, ergänzte die Fluß- und Straßenzüge durch eigene 
Messungen und formierte aus seinen Arbeiten im Jahre 1796 einen „Beise-Atlas von 
Bayern oder geographisch-geometrische Darstellung aller bayrischen Haupt- und 
Landstraßen“. 1 2 Unter allen Beisekarten und Beiseatlanten kam den Bedürfnissen des 
reisenden Publikums am besten Brockhaus’ Beise-Atlas, Leipzig 1856, entgegen. 
Er setzte sich aus einzelnen Eisenbahnkarten, Flußkarten und Stadtplänen zusammen, 
die von dem Geographen und Kartographen J. Lange entworfen und gezeichnet worden 
waren. Das gefällige Äußere, die Darstellung des Geländes längs der Kouten, die Angabe 
der Ortschaften auch auf weitere Entfernung hin (links und rechts der Boute) 3 , die 
sauber in Stahlstich ausgeführten Abbildungen am Bande der Blätter, das bequeme 
Oktavformat und der billige Preis mußten jedem Beisenden willkommen sein. 
1 Reise-Charte von Schreiber, um 1750. — Von demselben: Meilen-Zeiger nebst Charte 
von Deutschland. Leipzig s. a. 
2 A. v. Riedls Reise-Atlas in 66 Bl. 1 : 100000. München 1796-1806. 2. Aufl. 1834. 
3 Interessant ist ein Vergleich der Kartenstrecke Leipzig—Dresden aus Brockhaus’ Reise- 
Atlas mit Heft 59 von P. Langhans „Rechts u. links der Eisenbahn“, worin gleichfalls die Strecke 
Leipzig—Dresden behandelt ist; Text hierzu von J. Partseh. — Vgl. das gegenwärtige amerikanische 
Pendant, s. oben Anm. 7, S. 610. 
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