Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Wesen und Aufgaben der Verkehrskarte. Allgemein Methodisches. 
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es gilt, rechts und links zu sehen, um zu erfahren, wo die Straße eine offene Land 
schaft oder ein beengtes Gebirgsdefile durchzieht, so gehört die Orographie geradezu zu 
einem unentbehrlichen Element. Man lasse sie durch leichte Skizzierung und mildernd 
farbigen Einsatz zurücktreten und hebe durch kräftige Signaturen die Straßen nach 
ihren Klassen gebührend hervor, aber man ignoriere sie nicht ganz.“ 1 
Trotzdem gab es schon vor und zu Sydows Zeiten recht rühmliche Ausnahmen. 
Auf Picquets Karte der britischen Inseln aus dem Jahre 1803 ist das orographische 
Bild perspektivisch wirkungsvoll und zart herausgearbeitet 1 2 ; die Straßen wissen sich 
als Doppellinien dem Gelände geschickt anzuschmiegen. Auf einer nur um wenige 
Jahre ältern Wegekarte Deutschlands von Fr. W. Streit wird gerade auf das Gelände 
ein Schwergewicht gelegt 3 ; es erscheint in Schraffen und soll zeigen, welche Schwierig 
keiten die Verkehrswege, die sich in feinen Linien repräsentieren, zu überwinden haben. 
Kurts Eisenbahnkarte von Zentraleuropa war auf einer Terrainkarte entworfen 4 , 
wenn auch deren Schraffen sehr schematisch verliefen. Die Kellersche Keisekarte 
der Schweiz wußte Terrain- und Straßenbild vortrefflich zu vereinen; sie wurde später 
von der Leut hold sehen Schweizer karte 5 noch übertroffen, die für ihre Zeit als die 
beste Übersichts- und Reisekarte in so bedeutender Reduktion galt. Diese Karte 
hinwiederum wurde von den Leuzing er sehen Karten 6 und denjenigen, die den 
Jahrbüchern des Schweizer Alpenclubs beigegeben wurden, überholt. Das sechste 
Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts brachte noch eine Reihe bedeutender Reise 
karten der Alpenländer, die dann vorbildlich wurden für alle die Karten, wie sie unsere 
heutigen Reisehandbücher schmücken. Unter den ältern Werken sei noch auf 
J. G. Mayrs Atlas der Alpenländer hingewiesen 7 , der durch seine Karten in hohem 
Grade mit der Natur und der Wegsamkeit des Gebietes vertraut macht und fünf Klassen 
von Straßen unterscheidet, Eisenbahnen im Betrieb und Bau, Chausseen, Vicinal- 
straßen, Fahr- und Saumwege. In ein Terrainbild in wirksamer Reliefmanier zeichnete 
J. Pauliny die Eisenbahn über den Semmering. 8 Ästhetisch sowohl wie deutlich 
und klar liegt das Straßenbild eingebettet in der geplanten und außerordentlich schön 
und plastisch wirkenden Schweizer karte mit Schraffengelände in 1 : 250000, die unter 
der Redaktion von Wilhelm Schule, dem Chef der kartographischen Sektion der 
eidgenössischen Landestopographie in Bern, ausgeführt werden soll. 9 
Kartographisch am leichtesten ist das Wegenetz in hypsometrische Karten ein 
zuzeichnen. Die berühmte Isohypsenkarte des Harzgebirges von dem Forstmeister 
Auhagen 10 brachte die Wege bis zu den Fußsteigen. Hier war der große Maßstab 
1 E. v. Sydow i. P. M. 1865, S. 461. 
2 Nouvelle carte geo-hydrographique des isles Britanniques avec les principales routes. Paris 
chez Ch. Picquet, 1803. [Un.-Bi. Göttingen.] 
3 Fr. W. Sreit: General-Charte von Teutschland i. 4 Blättern, welche als Übersichts-Tableau 
der großen Charte in 204 Bl., zugleich aber auch als vollständige Post- u. orographische Charte dienen 
kann. Weimar, im Verlage des Geograph. Instituts, 1810. [Un.-Bi. Göttingen.] 
4 Kurts Übersicht der vollendeten Eisenbahnen in Central Europa 1844. Berlin. [Bi. d. 
Ges. f. Erdk. Berlin.] 
5 Leutholds (Müllhaupts) Post-, Eisenbahn- u. Dampfschiff-Karte der Schweiz usw. 
1 : 400000. Zürich 1856. 
6 R. Leuzinger: Karte der Schweiz. Bern 1871. 
7 J. G. Mayr: Atlas der Alpenländer. 9 Bl. 1 : 450000. Gotha 1858ff. 
8 J. Pauliny: Die Eisenbahn über den Semmering. 1 : 43200. Wien, 1858. 
9 W. Schule hatte mich 1924 ein erstes Probeblatt dieses Kartenwerkes einsehen lassen. 
10 1 : 100000 in Höhenschichten von 100 Par. F. Hannover 1867.
	        
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