Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die See- und Meerkarte. 
Stückchen auf clen Seekarten befindet, aber wie dürftig sind die Höhenangaben, und 
von einer innern Harmonie der ganzen Karte findet man keine Spur. Bevor wir den 
Weg zur Reform zeigen, wollen wir uns noch einmal genauer das Geländebild auf den 
deutschen Seekarten ansehen, das wegen seiner Eleganz und säubern Ausführung 
gleichfalls von andern Seemächten geschätzt wird. 
Auf den deutschen Seekarten tritt die Terraindarstellung hauptsächlich in 
zweierlei Manieren auf, wobei sich die Karten großen und mittlern Maßstabes von 
denen kleiner Maßstäbe, also den Übersichts- und Segelkarten unterscheiden. Auf 
letztem ist das Gelände als Schraffenbild aufgebaut, zuweilen recht schön und mit 
vielem Geschick, wie auf den Küstenrändern des Mittelmeers oder ganz besonders 
auf Seekarten aus Ozeanien, wo es untunlich gewesen wäre, die Geländedarstellung 
des Küstenstreifens vom Innern der Insel zu scheiden. Bei den Küstenkarten, also 
den Karten großem Maßstabes, würde der Schraffenstich für die Terraindarstellung viel 
zu kostspielig und langwierig sein. Infolge der vielen Seezeichen, Abkürzungen usw. 
könnte der Terrainstich kaum mit der Situationsplatte vereint bleiben und müßte 
notwendig zu einer zweiten (farbigen) Geländedruckplatte führen, was den Preis 
eines Kartenblattes in Rücksicht auf dessen Zweckbestimmung unverhältnismäßig 
hoch schrauben würde. Deshalb wird der Landanteil des großmaßstabigen Karten 
bildes direkt auf der Stichplatte geschummert, was durch Handroulette geschieht. 
In Deutschland sind allmählich einige Kräfte herangebildet worden, „die dieses Ver 
fahren heute mit einer Meisterschaft ausüben, die den nachahmenden Bemühungen 
der Stecher ausländischer Seekarten für heute versagt geblieben ist“. 1 Freilich der 
Geograph wird auf diese Weise recht trocken abgespeist. Und sollte es nicht auch 
ein erhabener Zweck einer Seekarte sein, der Wissenschaft noch besser als bisher zu 
dienen! 
Ohne Schaden an ihrem Wesen als kartographische Anleitung zu nehmen 
dürfte die Seekarte sicher gewinnen, wenn sie mit der jetzigen Art der Geländedarstellung 
brechen würde. Der Rouletteton oder der Rasterton mag für das Land bestehen 
bleiben, er hebt vortrefflich die Landoberfläche von der Wasserfläche ab. Die Terrain 
darstellung muß nur in Schichtlinien erfolgen 1 2 ; die Dichte der Schichtlinien wird 
dem Seemann genugsam zeigen, wo Steil-, wo Flachküsten sind. Um auf diesen und 
jenen Küstenabschnitt ganz besonders aufmerksam zu machen, verbleibt ja immer 
noch die Vertoonung. Zu den neuen Seekarten wird der Anfang in den Gebieten 
gemacht, wo das Gelände am besten vermessen ist, also gewöhnlich in den einheimischen 
Gewässern der Seestaaten. Die Isohypsen dürften auch nicht so fein gestochen werden 
wie gegenwärtig die Isobathen. Auch ließen sich die Kurvenzüge für die einzelnen 
Schichten denen der Tiefen anpassen, so daß man schon an der Ausführung einer 
Isohypse ihre Höhe ablesen kann, ganz analog der Ausführung der Tiefenkurven. 
Dann wäre mit einem Male die bis jetzt herrschende Differenz zwischen Seeboden- 
und Landdarstellung behoben. Noch ein Übriges zu tun, würde besonders dank 
bar empfunden werden: Der Schummerton der Landfläche wäre durch Raster 
in verschiedene Helligkeitsstufen, die den Höhenstufen angepaßt sind, zu zer 
1 L. Schmidt, G. Zacharias, W. Wilke: Die Entwicklung des deutschen Seekartenwerkes. 
In „Beiträge zur deutschen Kartographie“. Leipzig 1921, S. 89. 
2 Ich sehe von den winzigen Versuchen beim Setübal-Hafen 1: 100000 und der Cezimbra-Bucht 
1 : 35000 auf der deutschen Seekarte „Westküste von Spanien u. Portugal“, südl. Teil 1 : 750000,
	        
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