Die gehobenem Verkehrskarten und ihre Methoden.
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dichte begleitet werden können. All diese verschiedenen Tatsachen in ein einziges Karten
bild zn bannen wird schwer gelingen, wenn es auch nicht ausgeschlossen ist, daß die
Zukunft noch Methoden findet, die die verschiedensten Kombinationen zulassen werden.
Überblicken wir die Karte von Tiessen, müssen wir die Methode anerkennen,
auch den Fleiß, der auf deren Ausbildung verwendet worden ist. Entschieden be
deutet sie einen Fortschritt in der Darstellung von Verkehrs karten, denn sie gewährt,
wie wir oben schon andeuteten, eine allgemeine und schnelle Übersicht über den
Zusammenhang der Tatsachen und in weiterer Folge ein befriedigendes Studium
der Tatsachen im einzelnen. Sie ist so recht der Typus der gehobenem Verkehrs
karte, bzw. des gehobenem Verkehrskartogramms. Doch wollen wir uns bei aller
Anerkennung auch nicht ihrer Mängel verhehlen. So ist es schwer, nach der von ihr
befolgten Methode die Verkehrskreise geographisch richtig festzulegen, was schließlich
ebenfalls die richtige Lage der Verkehrslinien in Mitleidenschaft zieht. Die tonnen
kilometrische Belastung, d. h. der Längenwert der Verkehrslinien ist auf der Karte
kaum abzulesen. Trotz dieser Mängel sei nicht verkannt, daß Tiessen seine Methode
gerade an einem sehr schwer darzustellenden Objekt erprobt hat, an einem Objekt,
das halbwegs deutlich zu machen das Kartenbild unstreitig belasten mußte. Andere
Waren, die geringere Transportmengen, wie Steinkohle und Steinkohlenkoks, auf
weisen, belasten sicherlich das Kartenbild viel weniger, machen es duftiger und zu
gleich geographischer.
Die Tiessensche Karte ist nicht als eine reine Verkehrs karte anzusprechen,
wohl aber als ein Verkehrskartogramm. Die geographische Grundlage würde
in der Tat zu einer quantité négligeable, wenn nicht der Kartenrahmen das Ganze
doch noch halten würde. Der Geograph kann nicht genug darauf achten, daß sich
die Statistik dem geographischen Bild und nicht die Karte der Statistik einfüge.
Daß es hie und da ohne gewissen Zwang nicht abgeht braucht nicht weiter betont
zu werden. Auch dürfte die Bezeichnung ,,Einheitskarte“ nicht geschickt gewählt
sein, da sie innerhalb der großen Familie der Verkehrskarten etwas prätentiös klingt,
und sie auch nicht halten kann, was der Name verspricht. Am besten ist es, man
spricht von der Einheitslinien-Methode der Verkehrskarten.
244. Das quantitative Element in der Verkehrskarte. Die Erörterung über die
Verkehrskarte von Tiessen hatte den Quantitätsbegriff bereits in den Vordergrund
gerückt. Mit ihr ist der Quantitätsbegriff nicht zuerst ins Kartenbild eingezogen.
Er ist wesentlich früher aufgetreten und bildet bei Tiessen nur eine Phase in der Ent
wicklung der gehobenem Verkehrskarte. Für den Verkehr zu Wasser und zu Lande ist
es wichtig, neben der Verkehrsrichtung den Umfang oder die Belastung des Verkehrs
weges zu wissen. Denn erst dieses Wissen eröffnet den wahren und tiefen Einblick in
die wirtschaftlichen Vorgänge eines Staatswesens bzw. Staats- oder Wirschaftsgebietes.
Auf Karten des Wasserverkehrs des Binnenlandes sowohl wie zur See ist das
quantitative Element zunächst am besten zum Ausdruck gekommen. Ganz schwach
leuchtet es schon aus der Zeichnung der Strahlenbüschel des Seeverkehrs hervor
(S. 636). Für die Größe des Flußverkehrs in Deutschland konstruierte Sympher
das erste anschauliche Bild. 1 Er legte an den Flußlauf farbige Bänder, von denen
1 Sympher: Karte des Verkehrs auf deutschen Wasserstraßen i. J. 1885. Berlin 1889. Neu
auflage f. d. Verkehr i. J. 1900, desgl. i. J. 1910. 1 : 800000.