Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die gehobenem Verkehrskarten und ihre Methoden. 
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dem Mittelpunkt Berlin. Auch in ihrem Maßstab 1:64000000 steht meine Iso- 
chronenkarte von 1909 weit über den bis dahin erschienenen Weltisochronenkarten. 
Wie ich hat Th. Hossinger für seine Isochronenkarten Berlin in das Zentrum der 
Gleichzeitzonen gesetzt; sie tragen als neuere Karten den Äquatorialmaßstab 
1:49700000. 
Der verhältnismäßig kurze Werdegang der Isochronenkarte läßt eine Fort 
entwicklung in zweierlei Dichtung erkennen, zunächst das Herabsteigen von dem 
großen Ganzen des Erdbildes zu einzelnen Teilen desselben und sodann eine allmäh 
liche Verfeinerung der Arbeitsmethode. Ein Bearbeiter, Galton vielleicht ausgenommen, 
steht immer mehr oder minder auf den Schultern seines Vorgängers und wirft diesem 
gewöhnlich einige Grundfehler vor. So hört man der Penck sehen Karte gegenüber, 
besonders in den Schjerningsehen Ausführungen, von dem Grundfehler reden, daß 
die Endpunkte der weitest erreichten Entfernungen nur durch gerade Linien ver 
bunden sind. Bei Lichte besehen, ist aber die Sache nicht so schlimm und nur 
ein Schritt in der Entwicklungsgeschichte, der eben auch getan werden mußte. Die 
Fehler mildern sich ganz erheblich, wenn man den Kartenmaßstab berücksichtigt. 
Hier liegt der springende Punkt der Beurteilung, der aber bis jetzt ganz vernach 
lässigt war. Es ergeben sich tatsächlich große Unterschiede, ob es sich um eine Iso 
chronenkarte im Maßstab 1:200 Milk, 1:160 Mill. und 1:64 Milk, 1:50 Milk handelt 
oder um einen mehr zur Spezialkarte hinüberneigenden Entwurf im Maßstab 1:750 000, 
1:500000 usw.; denn die Generalisation, der die Isochronenlinie ebenso unterliegt 
wie die Isotherme, Isobare usw., hat sich wesentlich nach dem Maßstab zu richten. 
Penck hat das Verdienst, daß er der erste war, der die Idee der Galton sehen Erd- 
isochronenkarte auf ein kleineres Erdgebiet, wenn auch nur flüchtig und sehr sche 
matisch, übertrug. Seine Nachfolger wurden für ähnlich große Teilgebiete der Erde 
in der Linienführung spezieller, indem sie den Isochronen mehr die für diese Linien 
charakteristische Sternform gaben. So war der Weg gefunden, auf dem nun Schjerning 
weiterging. Er löste gleichsam die Sternstrahlen in einzelne Verkehrsetappen auf, 
der Erkenntnis gemäß, daß sich der Verkehr auf den Eisenbahnen sprungweise von 
Station zu Station vollzieht. Er schlägt darum um die Eisenbahnstationen Kreise, 
die in ihrer Größe und dementsprechend auch in der Fläche nach außen hin abnehmen. 
Nur hätte Schjerning anstatt der Kreisflächen auch wieder kleine Sternflächen wählen 
müssen, denn was sich im großen beim Eisenbahnnetz ergibt, spiegelt sich bis zu 
einem gewissen Grade im kleinen bei den Straßen der Orte wider; gleichweite (in 
der Luftlinie gemessene) Entfernungen werden vom Bahnhof aus als dem Mittel 
punkt dieser Entfernungen nicht in gleichen Zeiten erreicht. Es steckt also auch in 
den Kreisflächen, ohne daß es Schjerning zum Bewußtsein gekommen ist, wieder 
Schematismus. Jedoch ist ohne einen gewissen Schematismus oder, wollen wir diesen 
Ausdruck besser ins Kartographische übersetzen, ohne Generalisation nicht aus 
zukommen, selbst bei Karten in dem Maßstab von 1:750000 und 1:500000. 
In den isochronistischen Karten kommen zwei Anschauungen zum Ausdruck, 
die sich über das Wesen der Isochronen oder Isohenreren gebildet haben. Wir be 
gegnen einer weitern und engern Definiton. Galton, Penck, Hahn, Schjerning u. a. 
verstehen unter Isochronen die Linien gleicher Beisedauer, die alle Orte oder End 
punkte, die von einem gegebenen Mittelpunkt aus mit Benutzung der schnellst 
möglichen Verkehrsmittel in gleicher Zeit erreicht werden, durch einen Linienzug 
verbinden; die andern, H. Wagner, Schott, Paulus, Biedel usw. verengen die
	        
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