Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Ästhetik und Logik der Karte. 
und naturgeschichtlichen Karten. Eine allen Anforderungen genügende Isochronen- 
karte kann nicht anders als bunt dargestellt werden. Die Karten, die erdphysikalische 
Probleme veranschaulichen, mögen die Farbe kaum noch missen. Kam man früher 
mit einigen bunten Linien aus, wird jetzt am liebsten die bunte Fläche zu Hilfe 
genommen; offenbar gewinnt das Bild an Klarheit und Schönheit. Mit feinem Takt 
stimmte Supan auf seinen physikalischen Karten die Farbtöne ab, 0. Krümmel und 
andere nicht minder. In der Zartheit der Farbengebung für Flächen steht Bartholomew 
in Edinburg fast unerreicht da; er hat das alte Erbe von Arrowsmith übernommen, 
das in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in England beinahe verloren war. 
Fast jede wissenschaftliche, in der Hauptsache angewandte Karte bedarf 
der Farbe; wird jetzt der Schwarzweißkarte der Vorzug gegeben, muß immer mit 
den Zeitverhältnissen gerechnet werden, die gegenwärtig einer reichen Farbengebung 
sehr hinderlich sind, wenigstens in Deutschland. Die angewandte Karte muß stets 
weise mit den Farben umgehen, damit sie von dem Vorwurf befreit ist, den man gern 
gegenüber den in Farben strotzenden Touristenkarten erhebt, wie es beispielsweise 
durch E. Hammer in kräftigen Worten geschehen ist. Ein Erasmus urteilte über Dürer 
und die Wirkung seiner Holzschnitte und Kupferstiche gegenüber Apelles: ,,Ist es 
nicht bewunderungswürdiger, ohne den buhlerischen Reiz der Farben das zu leisten, 
was Apelles mit ihrer Hilfe geleistet hat?“ Das gibt auch dem heutigen Karto 
graphen, der mit allen möglichen Mitteln, Zeichen und Farben umgehen muß, zu denken. 1 
Im allgemeinen können wir sagen, die Karte gebraucht die Farbe, sei es in Punkten, 
Linien oder Flächen, zu den vielseitigsten Zwecken. Zuweilen ist die Farbenwahl 
recht schwierig, und die Logik lehrt sodann den richtigen \\ eg zu gehen. Immer ist 
zu bedenken, daß die Farbe ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie die geographische Er 
scheinung, die sie veranschaulichen will, auch klar und eindeutig hervorhebt. Dieser 
Forderung gerecht zu werden, gelingt einem vielfarbigen Kartenbild schwerer als 
einem ein- oder zweifarbigen. Auf der einfarbigen Situation läßt sich mit irgendeiner 
Farbe eine einzelne geographische Erscheinung besonders gut in den Vordergrund rücken. 
Am beliebtesten ist hier das Rot, sei es um Entdeckungsfahrten und Reiserouten 
zu markieren 1 2 , oder physische 3 und kulturelle 4 Tatsachen hervorzuheben oder be 
stimmte Farbflächen voneinander abzugrenzen. 5 Die farbige Linie kann die An 
schauungskraft der bunten Fläche kaum oder überhaupt nicht erringen. Ein Gemisch 
1 Wenn ich die Kupferstich karte der Schweiz in Schwarz in der letzten Stielerausgabe des 
vergangenen Jahrhunderts mit der in Braun der letzten Ausgaben vergleiche, wirkt auf mich das 
Schwarzdruckbild viel markiger und plastischer; mag sein, daß hier auch viel auf Kosten der Ge 
wöhnung geurteilt wird. 
2 Unter den unzähligen Beispielen sei nur auf die Kartenskizze der Fahrt der Fram und Nansens 
Reise in P. M. 1896, S. 210, hingewiesen. 
3 Auf der Karte der Strandlinien und Terrassen im Romsdalsfjord (P. M. 1890, T. 16) hebt 
Chr. Sandler durch rote Linien die Strandlinien und Terrassen besonders hervor; R. Credner auf 
einer Mercatorkarte, worauf die Erdteile hellbraun koloriert sind (P. M., Ergh. 56, T. 2), mit Rot 
die Verbreitung der Deltas; Fr. Th. Koppen auf einer Karte (P. M. 1893, S. 250), worauf mit 
schwarzer Schraffur die Verbreitung der untertertiären Ablagerungen gezeichnet, mit roten Punkten 
die Fundorte des Bernsteins in Rußland. 
4 Auf der Textkarte S. 171 in P. M. 1903 markiert O. Krümmel durch Rot die 46 Wind 
mühlen bei Schmiegel. 
5 Auf den Karten The vertical Relief of the Globe by J. G. Bartholomew (The Scottish 
Geographical Magazine 1890) wird die Ausbreitung des mittlern Krustenniveaus mit Rot gekenn 
zeichnet. Im übrigen wirken die beiden Hemisphären auf grauem Untergrund ganz hübsch.
	        
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