Form und Farbe.
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von bunten Linien wirkt verwirrend, wie zumeist auf den Karten, die z. B. alle mög
lichen oder auch nur die hauptsächlichsten Entdeckungsreisen in ein einziges Karten
bild bannen wollen. 1 Hier sollte immer nach Perioden unterschieden werden. Die
historisch genetischen Karten können durch flächenfarbige Unterlage zeigen, was in
den Perioden vorher entdeckt worden ist, und die Entdeckungsfahrten der neuen
Periode würden sodann in einfacher Linienführung gezeichnet.
Eng verwandt mit der bunten Linie ist das Randkolorit. Es steht gewisser
maßen zwischen farbiger Linie und farbiger Fläche. Auch durch den farbigen Rand
kann vielerlei bezeichnet werden, wie wir noch weiter bei der Logik der Karte sehen
werden; sein ursprüngliches Verwendungsbereich führt uns wieder zur politischen
Karte, die wir genügend beleuchtet haben, auch für die ältere Zeit.
Der farbige Punkt wirkt an sich weder ästhetisch noch anschaulich, nur in
der Wirkung seiner Anhäufung und Gruppierung ist ihm ein ästhetisches Moment
zuzuerkennen. 1 2 Aber selbst in seiner Häufung muß sehr vorsichtig verfahren werden,
daß nicht derartige abgeschmackte und sinnverwirrende Bilder wie auf neuern wirt
schaftsgeographischen Karten entstehen. 3 Es wird leider nicht Maß gehalten und
des Guten zuviel getan. Auch die Anwendung des farbigen Punktes verweist uns mehr
in das Gebiet der Logik als in das der Ästhetik.
257. Kartenwisseiischaftliche Leitmotive für (len Gebrauch der Farbe. Die Farbe
dient in dreierlei Hinsicht der Karte; einmal will sie die Möglichkeit geben, ver
schiedenerlei Objekte, die sich bei einem Schwarzdruck schwerlich auf ein Karten
blatt vereinen lassen, in ein Kartenbild zu bannen, sodann will sie die Gegenstände
je nach ihrer Wichtigkeit mehr oder minder in das Gesichtsfeld rücken, um so die
Deutlichkeit und Lesbarkeit der Karte zu erhöhen und drittens will sie der Karte einen
höhern ästhetischen Wert verleihen. Die Bedeutung der Farbe für die Karte ist dem
nach so außerordentlich hoch, daß die Versuche, die die Wiedergabe der Farbe durch
Symbole vorschlagen 4 , keine Gegenliebe finden. So ähnlich wie in der Heraldik, wo
schwarze Zeichen für bestimmte Wappenfarben seit zwei bis drei Jahrhunderten inter
nationale Geltung haben, kann in der Kartographie die schwarze Signatur kein Ansehen
gewinnen, weil eben die Farbe für allerhand Objekte und Phänomene gebraucht wird.
Für eine ästhetische Betrachtung ist es wichtig, die Möglichkeitsfälle zu unter
suchen, die die Anwendung nur eines Farbetons gestatten. Ein und dieselbe
Farbe kann zur Darstellung der Intensität des gleichen Objekts wie verschiedener
Objekte von gleicher Gattung gebraucht werden, sodann bei Terrainkarten zur Dar
stellung der verschiedenen Neigungsintensität.
Wird die verschieden dichte Verbreitung derselben geographischen Erscheinung
durch eine Farbe veranschaulicht, haben außer dem verschieden abgetönten Schwarz
1 Einige der Karten zur Entdeckungsgeschichte in der Reihe der Sieversschen Länderkunde
geben Beispiele, wie es nicht gemacht werden soll.
2 »Selbst auf Industriekarten. Vgl. N. Creutzburg: Die Verteilg. der Industrien im nord
westlichen Thüringer Wald 1921/22. P. M. 1925, T. 1.
3 Wie z. B. auf der Industriekarte Europas in A. Scobels Handelsatlas (Bielefeld u. Leipzig
1902). Ebenso verunglückt ist die buntscheckige Karte Handel und Industrie Mitteleuropas 1 : 10000000
in Brockhaus’ Kleinem Konversationslexikon 1900, zw. S. 754 u. 755. — An gleichem Fehler leidet
die Wirtschafts- u. Verkehrskarte von Deutsch-Ostafrika in 1: 5000000 im Wirtschaftsatlas der
deutschen Kolonien, hg. v. d. Kolonialwirtschaftl. Komitee, 2. Aufl.
4 Vgl. P. Kahle i. P. M. 192], S. 26. Der Vorschlag ist aus der Not der Zeit heraus geboren,
weil in der Zeit kurz nach dem Weltkriege Karten kaum oder nur notdürftig veröffentlicht worden sind.