Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Ästhetik und Logik der Karte. 
(gewöhnlich durch verschieden dichte Schraffenlage erzielt) Rot, Braun und Blau 
den Vorzug. Die Nuancierung des schwarzen Farbtons ist der des bunten Farbtons 
gegenüber offenbar die ursprünglichere Form. In der ersten Hälfte des neunzehnten 
Jahrhunderts verwenden die Engländer das differenzierte Schwarz zur Herstellung 
von Volksdichtekarten. Die gleiche Methode finden wir in dem Berghaus sehen 
Physikalischen Atlas aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bei der Regen 
karte der Welt. Nach A. Mührys Untersuchungen und Skizzen zeichnete 1860 
Aug. Petermann eine Karte der Erde 1 , w r orauf durch verschieden gelagerte und ver 
schieden dichte schwarze Striche die geographische Verteilung des Regens zum Aus 
druck gebracht wird. Ebenso zeichnete er in dem gleichen Jahre ein leidliches geo 
logisches Bild in Schwarz durch verschieden dichte Punkte und Schraffen. 1 2 Die 
Petermannschen Karten sind lediglich bescheidene Anfänge. Schärfer ausgeprägt 
und instruktiver sind ähnlich behandelte Karten der neuern Zeit. 3 
Bequemer, schöner und zumeist auch anschaulicher ist die Verwendung eines 
bunten Farbtones, an die man aber erst in den achtziger und neunziger Jahren des 
verflossenen Jahrhunderts energischer herangetreten war. Die Bevölkerungsdichte 
ist ein bevorzugter Gegenstand für unsere Karten, auf denen rote 4 und braune 5 Töne 
vorwalten. Das Rot wird auch hier gern gebraucht, um besonders stark besiedelte 
Gegenden kenntlich zu machen. 6 Die bevölkerungsstatistischen Kartenbilder zeigen, 
wie wir ausführlich nachgewiesen haben, je nach Stoffwahl verschiedene Gesichter. 
Blaue Farben in mannigfaltigster Abstufung sind vorzüglich den Karten eigen, die 
hydrographische und meteorologische Phänomene behandeln. 7 
Der Gebrauch verschiedener Nuancierung ein und derselben Farbe für Objekte 
gleicher Gattung ist selten. Häufiger wird diese Manier auf pflanzengeographischen 
Karten angewendet, wenn z. B. Wiesen, Felder und Wälder unterschieden werden. 
Auf dem Gebiet der agronomisch-geognostischen Karte finden wir bereits ältere Ver 
suche dieser Art, wie Glockers geognostische Karte der Lausitz beweist, worauf in 
verschiedenen braunen Tönen Ton-, Lehm-, sandiger Lehm-, Moor-, mooriger Sand- 
und gewöhnlicher Sandboden unterschieden werden. 8 
1 A. Petermann i. P. M. 1860, S. 1. 
2 Geologische Karte der Black Hills, nach Haydens Karte v. A. Petermann. P. M. 1860, S. 53. 
3 Wie z. B. Taf. I der G. Z. I, 1895: „Die kartographische Darstellung der Erde“. 
4 Unter den vielen Karten sei nur hingewiesen auf: Übersichtskarte der deutschen Kolonien 
in den Flußgebieten des Botucarahy, Rio Pardo, Cahy und Taquary.. 1 : 1000000. Entworf. u. gez. 
v. P. Langhans. P. M. 1889, T. 12. Durch sechs verschiedene Schraffenlagen in Rot werden sechs 
Stufen dargestellt, die für die betreffenden Länder 90—100°/ 0 bis herab zu.0—10% Deutsche enthalten. 
5 Wiewohl ich schulkartographische Werke soviel wie möglich bei meinen Untersuchungen aus 
dem Spiele lasse, kann ich hier nicht umhin, auf die in braunen Tönen ausgeführte und ästhetisch 
voll befriedigende Volksdichtek. von Mitteldeutschland in Debes Oberklassenatlas hinzuweisen. 
6 Die dichtest besiedelten Gegenden rot zu kolorieren, ist ein häufiges Verfahren, ästhetisch 
und praktisch wohl erwogen. Um so mehr muß man über die Kritik eines Leipziger, in schulgeo- 
graph. Kreisen bekannten Schuldirektors P. Weigeldt den Kopf schütteln, der an einer Siedlungs 
karte von Sachsen tadelte, daß die dichtest besiedelten Gegenden von Chemnitz und Zwickau in Rot 
gemalt seien, da ja Rot die Farbe der Sozialdemokraten sei und in jenen Gegenden die meisten Sozial 
demokraten Sachsens wohnen; das Rot wäre also sozialpädagogisch zu verwerfen. O sancta simplicitas! 
7 Außer an die vielen Meereskarten mit ihren blauen Tiefenstufen sei hier bloß an d. K. der 
dahres-Isonephen v. Mitteleuropa von P. Eifert erinnert, P. M. 1890, T. 11. 
8 Glocker: Geognostische Beschreibung der Preuß. Ober-Lausitz mit Berücksichtigung des 
Sächsischen Anteils. Nach d. Ergebnissen einer auf Kosten der Naturforschenden Gesellschaft in 
Görlitz unternommenen Reise entworfen. Mit 50 Fig., 1 T. u. 2 K. in 1 : 200000. Görlitz 1858.
	        
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