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Ästhetik und Logik der Karte.
obwohl schon 1895 auf dem XI. Deutschen Geographentag in Bremen der Antrag
B. Lehmanns angenommen wurde, an die Kgl. Preußische Landesaufnahme das
Ersuchen zu stellen, daß auf den Meßtischblättern der preußischen Landesaufnahme
Isohypsen künftig nicht in schwarzer, sondern in einer andern Farbe gegeben werden
möchten. Schwarze Isohypsen haben außerdem noch die den deutschen Meßtisch
blättern entsprechenden Karten von Schweden, Norwegen, Rußland, Italien und
Österreich-Ungarn. Auch die ältern sächsischen Meßtischblätter erscheinen in Schwarz.
Zu den bunten, meist roten oder rotbraunen Isohypsen sind außer den deutschen
Ländern Sachsen, Bayern und Württemberg die Schweiz, Frankreich, Spanien und
die Vereinigten Staaten von Amerika übergegangen. Auch die Niveaukarte vom
(ehemaligen) Kurfürstentum Hessen, 1:25000, besitzt rote Isohypsen.
Auf Spezialkarten wird öfters zu farbigen Isohypsen die Zuflucht genommen. 1
Hier führt uns die geschichtliche Entwicklung nach der Mitte des vergangenen Jahr
hunderts zurück. Unter anderm verdient die Karte des Harzgebirges von Auhagen,
die die Bodenhöhe durch rote Niveaukurven von 100 Pariser Fuß Äquidistanz aus
drückt, hervorgehoben zu werden. 1 2
Jede sauber ausgeführte Schraffenkarte, ganz gleich, ob die Schraffen in
Schwarz oder Braun oder Grün wiedergegeben sind, ist immer von tieferer Wirkung
auf den Beschauer gewesen als die reine Isohypsenkarte. Das ästhetisch gewichtigere
Moment liegt zweifellos bei der Schraffenkarte, weil sie von Haus aus die Fläche als
ihr Wirkungsfeld beansprucht. Wer den Abzug einer Terrainplatte aus den Neuen
Stieler betrachtet oder einen solchen aus Debes Handatlas kennt, ist nicht allein
über die technische Leistung sondern auch über die schöne Wiedergabe des Terrain
bildes erstaunt. Länge und Dicke der Schraffenstriche wollen wohl erwogen sein,
wenn ein feines Bild erzeugt werden soll. ,,Ganz falsch und geradezu häßlich ist es,
wenn man durch übermäßige Dicke und klobige Bergstriche den großem Grad der
Steilheit glaubt besser ausdrücken zu können.“ 3
Die reine Isohypsenkarte hat beizeiten gefühlt, daß sie dem Anschauungs- und
damit dem ästhetischen Bedürfnis nicht vollständig genügen kann. Sie suchte sich
darum beizeiten schon mit der Schraffe als flächenfüllendes Element oder auch mit
flächenfüllendem Kolorit zu verbinden. Bei der Schraffenkarte verschafft schon das
Auge die richtige Vorstellung über den orographischen Aufbau, während sie bei der
reinen Isohypsenkarte mehr durch Nachdenken gewonnen werden muß. Die Ver
bindung von Isohypsen mit Schraffen ist das vollkommenste, was man bisher in der
Terraindarstellung erreicht hat. Klassische Muster dieses Konnexes sind der minutiös
sorgfältig ausgeführte Plan des Königl. Schlosses Wilhelmshöhe bei Cassel nebst
Umgebung in 1:6000 von A. Kaupert 4 und die Karten von Attika von Curtius
und demselben Kaupert. Ein interessanter Versuch der Verquickung von Schraffe
und Isohypse liegt in einer ältern Karte des Thüringer Waldes von A. W. Fils vor. 5
1 z. B. Bodenseekarte 1 : 50000, hg. v. d. Vollzugskommission für Erstellung einer Bodensee
karte im Aufträge der fünf Staaten Baden, Bayern, Österreich, Schweiz u. Württemberg. Erstellt
von dem Eidgenössischen Topographischen Bureau. 2 Bl. (s. a.).
2 Auhagen, Forstmeister: Karte des Harzgebirges. 1 : 100000. Hannover 1867.
3 C. Vogel: Die Terraindarstellung auf Landkarten mittels Schraffierung. P. M. 1893, S. 149.
4 A Kaupert i. P. M. 1875, T. 2.
5 Die Zentralgruppe des Thüringer Waldes. Nach Forstkalten und eigenen Messungen ent
worfen u. gezeichnet von Major A. W. Fils. 1: 60000. P. M. 1859, T. 10.