Zur Ästhetik der Geländedarstellung.
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Die Karte zeigt schwarze Schraffen, zwischen deren zusammengehörigen Partien
rote Isohypsen von 100 zu 100 Pariser Fuß Abstand gezogen sind. Letztere drängen
sich durchaus nicht hervor und erhöhen nur Schönheit und Klarheit des Bildes. Be
dauerlich ist einzig, daß diese ausgezeichnete Methode der Terrainveranschaulichung
wenig oder gar nicht Nacheiferung gefunden hat. Das umgekehrte Verfahren, die
Isohypsen schwarz und die Schraffen bunt zu zeichnen, ist bis jetzt noch nicht geübt
worden, nur eine kleine Variante dieses Verfahrens liegt vor, bunte Schraffen mit
dunkelbraunen Isohypsen zu verquicken 1 , das jedoch ästhetisch nicht befriedigt,
auch die Harmonie des orographischen Aufbaus nicht gewährleistet.
259. Zur Ästhetik der Ilöhenschichtkarteii. Die Schraffenzeichnung ist sein-
schwierig und zeitraubend; und deshalb hat man sich nach andern Mitteln umgesehen,
die Anschaulichkeit des Isohypsenbildes zu erhöhen. Am leichtesten geschieht es
durch Schummerung, wie sie beispielsweise manche Baedeker karten zeigen. Eine
andere Methode, der Isohypsenkarte Schönheit und Kraft zu verleihen, ist die Farben
deckung der Schichträume. Wesentlich auf E. v. Sydow führt es zurück, gewisse
orographische Einheiten und hauptsächlichste Massenerhebungen mit einer einzigen
Farbe zu belegen. Das Tiefland bedeckte Sydow mit Grün, die Hochflächen ließ er
weiß, die höhern Regionen wurden braun koloriert. In Sydow-Wagners Methodischem
Schulatlas und andern Schulatlanten der Perthes sehen Geographischen Anstalt ist
die Sydowsche Farbengebung, die unter dem Namen „Regionalfarben“ bekannt ist,
besonders geübt und ausgebaut worden. Die Regionalfarben beherrschen mit
mehr oder weniger Abänderung noch heute die Schul- und Wandkarten; sie bilden
das Postament für die Schraffenzeichnung. Da die Schraffen dem Terrainbild erst
die feinen charakteristischen Züge aufprägen, sind die Regionalfarben allein nicht
imstande, die Schraffe zu ersetzen, d. h. sobald es sich um eine wirkungsvolle Ver
anschaulichung handelt. Das kann geschehen, wenn die Regionalfarben in weitere
kleinere Intervalle zerfallen, die mit verschieden abgestimmten Farben bedeckt werden.
Auf diese Weise gelangen wir zu der farbigen Höhenschichtkarte.
Die buntfarbige Höhenschichtkarte ist über ein Jahrhundert alt. Der
erste bedeutendere Versuch dieser Art ist etwas jünger, es ist die „Höhenschichten-
Karte von Central-Europa“ in 1:1000000 von Major Papen, die 1857 zu Frankfurt a. M.
bei Ravenstein erschien. Schon 1844 hatte Papen einen Vorläufer in seiner Karte
von Hannover geliefert, aber erst mit der neuen Karte brach die Morgenröte einer
neuen Terraindarstellung an, an der E. v. Sydow sofort erkannte, daß sie „einen
unentbehrlichen Schlüssel zur naturgetreuen Darstellung des Bodenreliefs in -die
Hand gebe.“ 1 2 Was die technische und koloristische Seite anbelangt, alle Achtung
vor dieser Karte, aber hinsichtlich der Logik und Ästhetik der Farbengebung läßt
die Karte mancherlei zu wünschen übrig. Einen „Papen redivivus“ erblicke ich in
K. Olbrichts Höhenschichtenkarte der Lüneburger Heide. 3
Wären die Farben zart aufgetragen und nicht in ihren höchsten Sättigungs
graden, würde das wissenschaftlich und sauber ausgeführte Kartenbild Papens mehr
ästhetisch befriedigen. 4 Eine weitere Folge ist, daß es nicht die Plastik des Bodens
1 E. Friedrich: Karte des Rigi. Ein Beitrag zur Terraindarstellung. Mit K. Globus 1902.
2 E. v. Sydow i. P. M. 1858, S. 145.
3 K. Ol bricht: Höhenschichtenkarte der Lüneburger Heide. P. M. 1910, II, T. 21.
4 Damit habe ich mein Urteil über diese Karte gemildert, nachdem ich sie nochn als eingehender
studiert habe. Vgl. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S. 457.