Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Ästhetik und Logik der Karte. 
20«. Abhängigkeit der Logik von der Erderkenntnis. Ein großes Gebiet der 
Kartenlogik eröffnet sich, wenn untersucht wird, wieweit die Karten den oro- 
graphischen Typen und Einzelheiten der Terraingestaltung gerecht werden. Die 
Wissenschaftlichkeit des Kartenbearbeiters wird sich hier vorzugsweise dokumentieren. 
Vieles aber hängt auch von dem Stand der geographischen Kenntnis eines 
Gebietes ab. Wie sich das Pamir-Plateau im Laufe der Forschungsgeschichte all 
mählich in zahlreiche Bergketten aufgelöst hat, so ist jetzt durch die letzten 
Forschungsreisen Sven Hedins das Hochland von Tibet daran, die bisherige ein 
förmige Terrainzeichnung der Vielgestaltigkeit einer gewaltigen Gebirgswelt Platz 
zu machen. 
Zugleich ist die Frage der richtigen Zeichnung morphologisch charakte 
ristischer Formen historisch-technisch interessant. Erst in der zweiten Hälfte 
des vergangenen Jahrhunderts gelang die reinliche Scheidung von Steil- und Flach 
küsten. Wie lange hat es gedauert, daß der mehr terrassenförmige Abstieg des 
schwedischen Gebirgslandes auf der Karte einen entsprechenden Niederschlag fand, 
oder daß die Hochplateaus als solche auch auf den Karten erschienen. Von dem 
klotzigen, an afrikanische Formen erinnernden Aufbau der Iberischen Halbinsel 
gab das erste gelungene Bild die Vierblattkarte von C. Vogel in Stielers Handatlas 
sichere Kunde. Obwohl Alexander v. Humboldt den orographischen Aufbau von 
Mexiko wie kaum ein anderer Europäer seiner Zeit kannte, läßt doch seine Carte 
du Mexique 1 nichts von dem mexikanischen Hochplateau erkennen. Ein mächtiger 
in Schlaffen gezeichneter Gebirgsstrang durchzieht die Mitte des Landes von den 
Quellen des Colorado an bis zum Golf von Tehuantepec; nur in der Breite von 
Mexiko ist er etwas bewegter gezeichnet, ohne jedoch Plateaucharakter zu markieren. 
Man vergleiche dazu die in fast gleichem Maßstab (1:7500000) ausgeführte Karte 
von Mexiko im neuen Stieler. Nur in der Nähe der Hauptstadt erkennt man etwas 
die Karte wieder, sonst aber herrscht ein himmelweiter Unterschied zwischen der 
Stielerschen und der Humboldtschen Karte, die über ein halbes Jahrhundert als die 
beste Karte von Mexiko galt. 
2i>7. Die Verknüpfung verschiedener Karteuelemente. Schluß. Ein letztes 
wichtiges Kapitel der Kartenlogik ist die Untersuchung der Verknüpfung ver 
schiedener Elemente auf einem Kartenblatt. Situation und Geländezeichnung 
sind die von der Natur gegebenen Faktoren, die sich immer vertragen und von 
deren Paarung nur in seltenen Fällen Abstand genommen werden soll. Anders 
ist es schon, sobald ein dritter Faktor hinzukommt, der aus der physikalischen oder 
aus der Kultur- und Menschengeographie hereinwächst. Eine Schraffenkarte läßt 
sich sehr gut dazu benutzen, auf ihr in lichten bunten Tönen (gleichsam als Höhen 
schichtkolorit) die Höhenzonen verschiedener Kulturgewächse zu veranschaulichen. 1 2 
Nur wo die Übersichtlichkeit beeinträchtigt wird, soll man bei diesen und ver 
wandten Karten auf das Terrain verzichten. 
Die Verbindung verschiedener physischer Erscheinungen auf ein 
Kartenblatt erfordert eingehenderes Studium. Nicht ohne weiteres lassen sich Iso 
1 Beilage zum 4. Bd. von Humboldts: Essai politique sur le Royaume de la Nouvelle-Espagne. 
Paris 1827. 
2 Ein Muster dieser Verzeichnung gibt bereits Koristka auf der Terrain- und Höhenkarte 
der Hohen Tatra. P. M., Ergh. 12, 1863.
	        
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