Die Kavtenbearbeitung und Kartenneuaufnahme.
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in Gebrauch, das die Abplattung der Erde mit 1:308,65 annimmt. Die Karte 1:80000
und die Aufnahmesektionen in 1:20000 und 1:40000 berücksichtigen die davon
abgeleiteten Werte, während die neuern französischen Gradabteilungskarten in 1:50 000
das Erdsphäroid von Clarke mit dem Abplattungswert von 1:293,47 zugrunde liegen
haben. Clarke ist demnach größer als Delambre, so daß die Differenz der Meridian
bogenlänge vom Nullpunkt bis etwa zur Breite von 54 bereits über 50 m beträgt, welcher
Betrag nördlich an das Delambresche Netz anzusetzen ist.
Bei den russischen Karten hatte man es gar mit drei verschiedenen Sphäroiden
zu tun. Die neuern russischen Triangulationen stützen sich auf dieBesselschen Sphäroid-
daten mit dem Abplattungswert von 1:299,15, die ältern auf das Sphäroid von Wal
beck mit der Abplattung von 1:302,78. Dazu kommt für das ehemalige Polen ein
besonderes „Übereinstimmungssphäroid“ mit der Abplattung von 1:263,59, das zwar
die Erddimensionen nicht neu bestimmt, sondern nur für ein verhältnismäßig kleines
Stück Erdoberfläche die astronomischen und geodätischen Messungen in Einklang
zu bringen sucht; endgültig ist ihm dies nicht gelungen, da immer noch Unstimmigkeiten
bis 55 m auftreten. Dazu wird im westlichen Rußland für alle Triangulationen nicht
das internationale Saschenmaß = 2,1335809 m gebraucht, das z. B. das russische
Nivellement verwendet, sondern der von General Tenner näher untersuchte und be
schriebene „Saschen Nr. 10“, der 2,133468 m lang ist.
Die Kenntnis der geodätischen Grundlagen der Karte war notwendig für die
Herstellung des artilleristischen Planmaterials. Die Deutschen hatten mithin eine
gewaltige Aufgabe zu lösen, einmal in der sachgemäßen Benutzung des fremden Karten
materials und sodann in dessen Anpassung an die deutschen Karten; denn die Neu
aufnahmen, die sich teilweise auf fremde Ergebnisse stützten, mußten sich den von
den Deutschen bevorzugten Maßstäben für Kriegskarten organisch eingliedern. Welche
Arbeiten erforderten nicht allein die Berücksichtigung und Verwertung der preußisch
französischen, belgisch-französischen, belgisch-holländischen, preußisch-belgischen und
preußisch-russischen Triangulationsanschlüsse. Desgleichen ergaben sich bedeutende
Schwierigkeiten in den Nivellementanschlüssen. Den Franzosen und Engländern
blieben diese zeitraubenden und umfangreichen Arbeiten in der Hauptsache erspart;
nur auf beschränktem Gebiet hatten sie mit derartigen Widerwärtigkeiten zu kämpfen,
über die genugsam der englische Oberstleutnant H. S. L. Winterbotham klagt. 1
Innerhalb des in Frankreich von Deutschen besetzten Gebietes hatte man mit
zwei Landeshorizonten zu rechnen, was sich beim Vergleich von Neuaufnahmen mit
den französischen Kartenangaben vielfach recht mißlich bemerkbar machte. Das
1863 abgeschlossene „Nivellement Bourdalouö“ hat als Ausgangspunkt das 0,40 m
über dem Pegelnullstrich von Marseille angenommene Mittelwasser des Mittelmeers.
Die Höhen der deutschen Kettenpunkte wurden im Anschluß an das französische
Hauptnivellement, „Nivellement général de la France“, gewonnen; selbst späterhin
zeigten sich nirgends Widersprüche, die seine praktische Brauchbarkeit selbst für
feinere Messungen beeinträchtigt hätten. Das Nivellement général begann 1884,
als Ausgangspunkt diente das gleiche Mittelwasser des Mittelmeers wie bei dem ältern
Nivellement, nur um rund 1 dem tiefer gelegen. In den Gegenden von Laon, Amiens
und Dünkirchen waren die Abweichungen zwischen altem und neuem Haupt-
nivellement, nach dem Direktor des Hauptnivellements von Frankreich „System
1 H. S. L. Winterbotham, a. a. O., S. 262, 263.