Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die Kriegskartographie. 
seihst für behelfsmäßig hergestellte Kartenwerke des Stellungskrieges die Genauigkeit 
der Triangulationspunkte gar nicht hoch genug sein kann. Gewiß ist es richtig, daß 
in vielen Einzelfällen auch behelfsmäßig vereinfachte Triangulationen zu brauchbaren 
Ergebnissen führten, aber je länger der Stellungskrieg dauerte und je mehr er sich 
an einer bestimmten Front vorwärts und rückwärts in die Tiefe ausdehnte, um so mehr 
häuften sich die auf Ausflickung und Vertiefung des Festpunktnetzes zielenden, oft 
sehr zeitraubenden Arbeiten, um so wichtiger waren die Vorteile, die ein von Anfang 
an vorhandenes friedensmäßig ausgearbeitetes Netz bieten mußte. Es wurde deshalb 
von mir und andern unbedingt an dem Grundsatz festgehalten, daß eine für die Zwecke 
der allgemeinen Landesaufnahme geschaffene genaue, auf einheitliche Koordinaten 
systeme bezogene Triangulierung nebst Höhennetz auch für das Kriegs vermessungs 
wesen die beste Grundlage bot. Das strenge Befolgen dieses Grundsatzes kam mir 
beim Vermessen und Richten der 100 km weittragenden Geschütze zugute, wobei 
die ebenen rechtwinkligen Koordinaten in geographische umzurechnen waren, bezogen 
auf einen maßgebenden geographischen Nullmeridian, weil die geographischen Koordi 
naten in Beziehung zur Grundrichtung des Geschützes gebracht werden mußten; 
darauf wurden Entfernung und Azimut von Geschützstand und Ziel ermittelt, bezogen 
auf den Nullmeridian. Der streng durchgeführte Grundsatz, nur die größte Genauigkeit 
der Vermessung kann die Operationen der Truppen am besten unterstützen, kam mir 
weiterhin bei der Kartenherstellung außerordentlich zustatten. Er trug wesentlich 
dazu bei, daß mir die innere Einheitlichkeit aller an der Front zu schaffenden Kriegs 
karten nicht verloren ging. 
Die Festpunktbestimmung wurde, wo es angängig war, tief ins feindliche Gebiet 
hineingetragen. Hierzu bediente man sich außer des Theodolits eines neuern Apparates, 
des Streckenmeßtheodoliten, auch bei geeignetem Gelände der Stereophotogram- 
metrie. Nicht bloß im westlichen Kriegsgelände sondern auch in Mazedonien hatte 
die Stereophotogrammetrie oder das Raumbildmeßverfahren mit Hilfe der eigens 
dafür gebauten Schützengrabenkammern hervorragende Erfolge. Durch dies Auf 
nahmeverfahren, das lediglich von deutscher Seite gepflegt und ausgebaut wurde, 
war es möglich, bis zur Entfernung von 16 km in den Feind hinein Punkte mit einem 
mittlern Punktfehler von + 12 m zu bestimmen, die für die Artillerie durchaus als Fest 
punkte galten. Sie erhielten in der Karte eine eigene Signatur und wurden in den 
Koordinaten Verzeichnissen besonders geführt. Auf einem knapp 60 km langen Front 
abschnitt in der Champagne wurden beispielsweise über 6000 Punkte jenseit der 
deutschen Schützengräben stereophotogrammetrisch festgelegt. In diese Punkte waren 
die Fliegerbilder leicht einzuhängen. Die Fliegeraufnahmen selbst wurden selten zur 
Punktbestimmung benutzt; sie gaben zu wenig Gewähr für eine ausreichende Genauig 
keit. Waren viele trigonometrische wie stereophotogrammetrische Festpunkte vor 
handen, war es demnach bei besonders günstigen Umständen möglich, Wegekreuzungen 
und Wegegabeln durch Fliegerbilder festzulegen. Wohl aber wurden diese für rein 
topographische Zwecke in weitgehendstem Maße herangezogen. 
In den Waldgebieten wurde die erforderliche Punktdichte durch Einschalten 
von Polygonzügen (Vieleckszügen) erreicht. Da ihre Messung immerhin zeitraubend 
ist, wurden sie, wo es das Gelände irgend gestattete, von Kleindreiecken unterbrochen. 
Jeder Tachymeter-(Schnellmesser-)zug hatte auf einem bereits bestimmten Punkt 
zu beginnen und auf einem ebenfalls bestimmten Punkt zu endigen. Die Polygon 
punkte wurden gleichfalls besonders verzeichnet. Sie dienten zumeist direkt dem
	        
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