Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die Kriegskartographie. 
ferner die trigonometrischen Punkte neu zu berechnen und einzutragen, wodurch 
sich die Situation da und dort änderte. So fand ich, daß Wegekreuze, Kirchen in 
6—10 km Entfernung auf alter und neuer Karte um 150—200 m und mehr in ihrer 
gegenseitigen Lage differierten; dabei sehe ich von den Irrtümern der Karte 1:80000 
ab, die selbst Winterbotham zu 100—200 Yards und mehr gefunden hatte. 
Es verursachte einige Schwierigkeiten, aus den wenigen Angaben eines oder 
mehrerer großmaßstabigen Kartenblätter die Grundzüge eines Koordinatensystems 
zu enträtseln. Auf Grund des mir vorliegenden französischen Kartenmaterials nahm 
ich die Nullsenkrechte durch Straßburg an; von da sind 6° neuer Teilung bis zum neuen 
Pariser Meridian, der mit dem Namen des Generals Bourgeois verbunden ist. Zu 
Hilfe kam mir für diese Annahme ein Kärtchen des ,,Etat-Major“ in 1:400000 aus 
dem Jahre 1916, worauf die Linien gleicher magnetischer Deklination für den 1. Jan. 
1916 dargestellt waren. In einer Erklärung hierzu wird darauf hingewiesen, daß der 
Winkel (die Meridiankonvergenz) zwischen Nullmeridian und dem Gitternetz (der 
Lambertschen Projektion) sich vom Nullmeridian an, nach W oder O gezählt, ver 
größert, und zwar wächst er mit jedem Grad um 76' (neue Teilung); er beträgt dem 
nach bei 1° westl. von Straßburg = 0°76', bei 2° = 1°52', bei 8° = 2°28', alsdann 
8° 04', 8° 80', 4° 56'. 
310. Das englische Koordinatennetz. Für die großmaßstabigen Karten konnten 
die Engländer mit einem Koordinatensystem, das sich auf die Zylinderprojektion 
ihrer Karte von Belgien gründete, nicht auskommen. Meine Vermutung, daß sie sich’s 
auch in dieser Beziehung leicht gemacht haben und einfach die Bonnesche Projektion 
der französischen Karte 1:80000 wählten, sollte durch die Ausführungen von Hinks 
und Winterbotham bestätigt werden. Letzterer spricht dies klarer und sachlicher als 
ersterer aus. Hinks macht bei der französischen Karte darauf aufmerksam, daß es 
wohl zweifelhaft gewesen ist, daß im Frieden viele bei der Benutzung der Karte ihr 
Augenmerk auf die Koordinatenwerte gerichtet hätten, die in jeder Blattecke ein 
getragen sind; im Kriege haben sie eine große Bedeutung gewonnen. Dieser Satz und 
die weitere Ausführung 1 von Hinks beweisen, daß er weder die französische Bezeichnung 
noch das Wesen der Koordinatensysteme richtig beurteilt; denn die m-Zahlen an den 
Blattecken sind lediglich errechnete Koordinaten für die Bonnesche Projektion, um 
die gesamte Karte Frankreichs in gleich große Sektionen zu teilen, die in beliebig großer 
Anzahl lückenlos aneinander gereiht werden können. 
Der Ausgangspunkt der Zählung des englischen Koordinatensystems lag in 
Brüssel, 4° 22' ö. Gr., von hier aus wurde nach W weitergezählt. Die Nullwagerechte 
liegt etwa bei 50° 22' n. Br. Der neuere Parallel von Amiens wurde für die trigono 
metrischen Berechnungen maßgebend. Die nach den französischen Originalen zusammen 
gebauten englischen Karten wurden mit einem Quadratnetz überdeckt, dessen Quadrat 
seite je 1000 Yards (1 Yard = 91,44 cm) lang ist. Durch dieses Maß gerieten die Eng 
länder in Kollision bei den einzelnen Kartenblättern, die wohl (infolge ihres Ursprungs) 
nach Meter und geographischem Maß gut einteilbar sind, nicht aber nach englischem 
Yardmaß. Jedes Blatt in 1:40000 erstreckt sich ostwestlich über 32 km = 35000 Yards, 
dagegen nordsüdlich über 20 km = rund 22000 Yards. In Wirklichkeit ist letztere 
Strecke um 117 Yards zu groß, nach englischer Berechnung kommen selbst einmal 
1 A. R. Hinks, a. a. O., S. 34.
	        
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