Die Kriegskarten.
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Großes Gewicht legten sie darauf, die Stellung der feindlichen Batterien zu erforschen.
Bei den geschickten Maskierungen und Anlagen von Scheinbatterien waren auf Flieger-
bildern die wirklichen Batteriestellungen oft schwierig, zum Teil gar nicht zu erkennen.
Diesem Übelstand der Beobachtung suchten die Licht- und Schallmeßtrupps zu
begegnen. Nach hundert Jahren erst ist wieder zum Leben erweckt worden, was
0. Etzel über Messungen der Entfernungen mittels Blitz und Schall zum Vorschlag
gebracht hatte. 1 Etzel fängt seine Darlegungen damit an: „Es ist im Felde oft von
Wichtigkeit, schnell und mit einiger Sicherheit Entfernungen auszumitteln, und zwar
häufig nach solchen Punkten hin, welche für den Augenblick durch feindliche Be
setzung für uns unzugänglich sind.“
Durch die Lichtmeßtrupps wurden die Dichtungen nach den Mündungs
feuern von verschiedenen Beobachtungsorten aus angeschnitten und telephonisch
an eine Zentrale mitgeteilt, die daraufhin den Standpunkt der feindlichen Batterien
(graphisch) ermittelte. Die Schallmeßtrupps legten nach dem Schall der feuern
den Batterien diese durch Messen von Zeitintervallen mit Anrechnung der Schall
geschwindigkeit an verschiedenen Beobachtungsorten fest. In einer Zentrale wurden
die Ergebnisse weiterverarbeitet. Das Messen geschah ganz primitiv mit Hilfe
der Stoppuhr. Man nannte es das „subjektive Verfahren“ beim Schallmessen; nach
ihm konnte nur Batterie für Batterie, jedoch nicht bei starkem oder gar Trommel
feuer bestimmt werden. Ihm stand seit Anfang 1918 das „objektive Verfahren“ zur
Seite, wonach mittels eines Oszillographen, den Professor Fredenhagen (von der
Leipziger Universität) konstruiert hatte, mindestens sechs gleichzeitig feuernde
Batterien mit einem Male nach ihrer Stellung festgelegt werden konnten. Es war
bedauerlich (und hierin hat der Engländer Hinks recht), daß bei uns so lange an dem
subjektiven Verfahren festgehalten wurde, trotzdem der Fredenhagensche Apparat
schon drei Jahre früher zur Begutachtung übergeben worden war; und dieser Apparat
leistete Vorzügliches, wie ich mich selbst an der Front auf Grund der Vorführungen
von Fredenhagen überzeugt hatte; er dürfte den ähnlichen englischen Apparaten
in der Leistungsfähigkeit nicht bloß ebenbürtig sondern sogar überlegen gewesen sein.
Die feindlichen Batterien waren neben den feindlichen Verkehrszentren (Bahn
höfen), Feldküchenansammlungen, Munitionsdepots, belegten Lagern die gesuch
testen und lohnendsten Ziele der Artillerie. Die Angaben hierüber durften auf keiner
Stellungskarte fehlen, vorzüglich nicht auf den von der Artillerie gebrauchten Karten.
318. Die Stellung*- und Lagenkartcn, Gräbenbmuchnung. Sämtliche topo
graphische Karten, die also weiter nichts als Situation und Geländezeichnung ent
hielten, wurden Leerkarten genannt. Auf sie wurden nun die verschiedenartigen
militärischen Anlagen eingezeichnet bzw. eingedruckt. Man faßte sie alsdann unter
der allgemeinen Bezeichnung Stellungskarten zusammen, nicht zu verwechseln
mit den Lagenkarten in 1:80000 und 1:100000, die speziell für die Chefs der
Armee und der Korps bearbeitet und gedruckt wurden. Auf letztem fand die Kriegs
gliederung in großen Zügen ihren graphischen- Ausdruck, nicht bloß auf eigener,
sondern auch auf feindlicher Seite, soweit man die Lage beim Feind durch Gefangenen
aussagen und sonstigen Nachrichten festgestellt hatte. Die Karte enthielt außerdem
die Arendt-(Abhorch-)Stationen, Meßtrupps, Fliegerabteilungen, Verladerampen u. a. m.
1 O. Etzel; Kittmeister im Königl. (Jeneralstab: Ütier Messung der Entfernungen mittels
Blitz u. Schall. Berlin, Dezember 1822. Als Ms. gedruckt.