Kartenherstellung und Kartenreproduktion.
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Durch das Drucken von Steinen und Zinkplatten, auf die die Karten direkt
gearbeitet sind, werden schönere Kartenbilder erzeugt als durch das eben geschilderte
Verfahren. Letzteres hat aber den Vorzug der großen Schnelligkeit, und damit war
schon von vornherein seine Gebrauchsfähigkeit im Kriege bewiesen. Man hat sich
darin auch nicht getäuscht. Durch dieses Verfahren war es möglich, die Truppe mit
der wünschenswerten Schnelligkeit jederzeit mit Karten nach dem neuesten Stande
des Kriegsschauplatzes zu versehen. Kamen abends die Nachrichten von der Truppe,
den Beobachtungs- und Erkundungsstellen, wurden noch in der Nacht die Korrek
turen ausgeführt und die Druckarbeiten bis spätestens früh 9 Uhr erledigt. Um
11 Uhr vormittags hatte die Truppe die neue Karte zu Hunderten und — wenn es
sein mußte — zu Tausenden im Besitz. Denn mit den Autos, die der Vermessungs-
abteilung zur Verfügung standen, konnten die Karten stets rechtzeitig an die Karten
verteilungsstellen der Front gebracht werden; und dort, wo die Autos versagten,
griffen die Flugzeuge in die Kartenverteilung mit ein, denn eine der wichtigsten Auf
gaben des Kriegsvermessungswesens ist die beschleunigte Ausgabe laufend gehaltener
Karten an die in vorderster Linie kämpfenden Truppen.
Ob es jemals den Engländern oder Franzosen gelungen ist, so schnell und prompt
die Truppe mit dem neuesten Kartenmaterial zu versorgen, erscheint mir nach den
während des Krieges mir zu Gesicht gekommenen Beutekarten unwahrscheinlich,
denn diese datierten stets auf längere Zeit, 14 Tage bis 1 und 3 Monate zurück, was
auf eine gewisse Schwerfälligkeit des Druckes von Neuauflagen schließen läßt. Auch
die ganze Art und Weise, wie sich die französischen und englischen Karten repräsen
tierten, läßt erkennen, daß man bei der Herstellung und dem Druck von Karten
die ältern bewährten und an sich recht guten Methoden befolgte. Klar und schön
sind die englischen wie französischen Kriegskarten. Später kamen bei jenen auch
minderwertige Drucke vor, als viele Abzüge von einer Platte hergestellt werden
mußten; das sind jedoch Ausnahmen, und im großen und ganzen kann man dem
englischen Kartendruck seine Achtung nicht versagen. Dazu kam ein ausgezeichnetes
Kartendruckpapier, ein Leinenpapier, das einen klaren Druck begünstigt und das
die Haltbarkeit der Karten wesentlich erhöht, und ein nahezu gleich großes Format
(etwa 70 x 90 cm) für sämtliche englische Kriegskarten. Von amerikanischen Karten
habe ich nur wenig gesehen, z. B. das große Blatt Vouziers in 1:50000b One Karte mit
schwarzer Situation und braunen Schichtlinien. Originalarbeit stak nicht dahinter;
die Karte ist ein ziemlich schlecht gedruckter Abklatsch französischen Grundmaterials.
Für den Kartendruck wurden Steindruckschnellpressen verschiedenster Formate
gebraucht, in einigen Armeen dazu noch Offsetpressen. Es gab Vermessungsabtei
lungen, die über 20 und mehr Schnellpressen, einschließlich der bei den einzelnen
Korps befindlichen, verfügten. Das Auf- und Abmontieren der Pressen war eine
harte Arbeit. Beim Quartierwechsel bewies sich der Betrieb mit den wie im Frieden
aufgestellten Schnellpressen sehr schwerfällig. Deshalb wurden eine Anzahl Druckerei
züge eingerichtet (im ganzen 9), die schnell von einer Armee zu andern auf der Eisen
bahn verschoben werden konnten. Ein Wagen dieser Züge war mit einer von der
Leipziger Schnellpressenfabrik gelieferten mustergültigen Presse ausgestattet, ein
anderer mit einer photographischen Reproduktionswerkstätte und ein dritter mit
Zeichenraum und Papierlager. Die Druckereizüge standen direkt unter dem Befehl 1
1 Prindet at Base. Printing Plant, 29th. Engineers, U. S. Army 1918.