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Die Kriegskartographie.
des Kriegsvermessungschefs. Auch die Franzosen hatten zwei Druckereizüge, ähnlich wie
die deutschen, eingerichtet. Einige deutsche Vermessungsabteilungen hatten sich selbst
Druckereizüge gebaut. 1 Die Erfahrung hat ergeben, Haß künftighin auf die in loco
montierte Steindruckschnellpresse zu verzichten ist, und daß neben den Druckereizügen
leistungsfähige Schnellpressen in standhafte, kräftige Automobile „Druckerei-Auto
mobil“, die der Truppe leicht zu folgen vermögen, einzubauen sind. 1 2 Außer den Schnell
pressen gab es bei jeder Vermessungsabteilung eine Anzahl Handpressen, die einzeln
auch in jedem Druckereizug und bei jeder Divisionskartenstelle anzutreffen waren.
332. Die Anzahl der während des Krieges hergestellten Karten. Das Karten
druckwesen hatte sich bei einzelnen Armeen zu einer Höhe entwickelt, die kaum
noch überschritten werden konnte. Vielleicht wurde schon zu viel gedruckt; und
wenn Oberstleutnant Simonds bei den englischen Karten bedauert, daß sie nicht in
genügender Menge vorhanden waren 3 , dürfte bei den deutschen Kommandostellen
eine ähnliche Klage kaum laut geworden sein. Winterbotham hebt die seitens des
Feldvermessungs-Bataillons geleistete Druckarbeit während der Schlacht bei Cambrai
im November 1917 besonders hervor. Es wurden rund 182000 Kartenblätter
(= 460000 Drucke) hergestellt. Von dem Bataillon selbst wurden mit Einschluß der
in England (Southampton) gedruckten Karten etwa 332000 Stück herausgegeben.
Wie dürfte Winterbotham erst staunen, wenn er hört, daß eine deutsche Vermessungs
abteilung innerhalb 4 Wochen, und zwar von Mitte Juni bis Mitte Juli 1918 rund
450000 Karten (= 1 y 4 Million Drucke) hergestellt hat und mit den vom stellver
tretenden Generalstab in Berlin (der Landesaufnahme) gelieferten reichlich 300000
Karten rund 3 / 4 Mill. Karten zur Verteilung brachte. Und das war die Arbeit nur
von einer der 29 Vermessungsabteilungen, die 1918 im Felde standen. Wieviel
Karten allein im Felde angefertigt worden sind, läßt sich nicht sicher feststellen;
das Quantum dürfte hinter den von dem stellvertretenden Generalstab in Berlin
gedruckten Karten nicht zurückgestanden haben, sondern diese noch bei weitem
übertroffen haben. Der stellvertretende Generalstab hat während des Krieges
275 Millionen Karten hersteilen lassen, wovon 249 Mill. bei der Kartographischen
Abteilung der Landesaufnahme und 26 Mill. von Privatfirmen im Aufträge der Karto
graphischen Abteilung gedruckt wurden. Darunter waren die meisten mehrfarbig,
also mehrmals durch die Presse gelaufen. Bekannt waren auch die großen Zusammen
drucke der Armeegebiete in 1:80000 und 1:100000.
Die Druckleitung des k. k. Militärgeographischen Instituts in Wien ein
schließlich des öst.-ungar. Kriegsvermessungswesens betrug nach W. Glotz 65 Mil
lionen Kartenblätter im Durchschnittsformat 55 X 70, 4
1 So hatte ich einen für meine Vermessungsabteilung besondern Druckereizug (4 Wagen)
vollständig neu gebaut und eingerichtet, der sich recht gut bewährt hat.
2 Wie ich in den Documents parlementaires vom Sept. 1920, S. 940 lese, sind die Franzosen
von einem ähnlichen Gedanken beseelt gewesen. Es heißt da: „Der geographische Dienst sah sogar
vor. Vermessungsabteilungen zu schaffen, die auf Automobilen eingerichtet waren, um einer Armee
im Bewegungskrieg leicht folgen zu können.“
3 Oberstl. Simonds i. Geogr. Journ. LIII. 1919, S. 275.
4 W. Glotz: Das Militärgeogr. Institut 1818—1918. Kartogr. Z. hg. v. K. Peucker. X.
Wien 1922, S. 43. Wie aber Ed. Brückner i. d. Mitt. des Deutsch, u. Österr. Alpenvereins 1919,
S. 72, schreiben kann: ..Insgesamt wurden im Militärgeographischen Institut während des Krieges
310 Millionen Karten gedruckt, von denen ein sehr großer Teil mehrfarbig war, also mehrmals durch
die Presse laufen mußte“, ist mir unbegreiflich.