Werke hat sich v. d. Horst mit den Paßkarten und ihrem Gebrauch eingehender
beschäftigt, auch die Ursachen dargelegt, „dat de plate Paßkarten up grot Fahr-
waters nicht recht holden“ und wie „wassende Gratkarten (Mefcatorkarte) ock up
Ideen Fahrwater gebrucket werden.“ 1 In der „Anleitung zur Steuermannskunst
den Weg auf der See zu finden und zu berichtigen“ aus dem Jahre 1778 kommt
Lamport Hinrich Böhl des langem und breitem 2 auf die Einrichtung der „Plan
charten“ und die danach eingerichtete Schiffahrt, die „Planschiffahrt“, zu reden.
Da heißt es auch, daß neben den Breiten links und rechts der Karte, den „Abteilungen“,
die Gradzahlen von den Breiten gesetzt werden. Bei den Meridianen jedoch setzt
man bei diesen Abteilungen keine Zahlen, „weil man den Unterschied der Länge auf
diesen Karten nicht nach Graden sondern nach Meilen zählet; man nennet denselben
auch schlechtweg „Abweichung“. Endlich haben auf solchen Plankarten nie die
Strichrosen mit ihren zahlreichen Bumblinien zu fehlen, damit „man aus jedem Punkt
der Karte ohne sonderliche Mühe eine Linie ziehen kann, die einem gegebenen Kompaß
strich parallel ist“. In neuerer Zeit hat unter andern A. Breusing auf die Benutzung
der Plattkarte durch die Nautiker ihrer Zeit aufmerksam gemacht und betont, „daß
sie ihnen damals dieselben Dienste leistete, wie es heute die Grad- und Strichtafeln
beim Koppeln der Kurse tun“ 3 .
Für kleine Seegebiete, insonderheit für schmale Zonen, ist die Plattkarte gut
brauchbar. Wird die Entfernung vom Mittelparallel zu groß, dann werden nördliche
Gebiete zu weit auseinander gezerrt, südliche zu sehr zusammengedrückt, ohne irgend
wie für die nautische Berechnung etwas damit zu gewinnen. Hier konnte einzig und
allein die Mercatorkarte Abhilfe bringen. Die Hochseefahrt des 19. Jahrhunderts
stellte höhere Anforderungen als in frühem Zeiten an die Karte. Dazu hatten sich
die Messungsmethoden und Meßapparate vervielfältigt und verfeinert. Die Platt
karte mußte von dem Schauplatz ihrer Tätigkeit zurücktreten und der Mercator
karte endgültig das Feld räumen (s. S. 17).
21. Die Mercatorkarte und ihre Analysis. Für die Schiffahrtkarten hat keine
Projektion annähernd so große Bedeutung erlangt wie die Mercatorkarte, d. h. die
Mercatorprojektion. Die beherrschende Stellung ist die Folge ihres weitausgedehnten
Machtbereiches wie ihrer nautischen Vorzüge (ad usum navigantium). Deshalb
nennt man sie auch in nautischen Kreisen kurzerhand „Seekartenprojektion“, ob
gleich die Bezeichnung nicht eindeutig genug ist. Im Laufe der Zeit ist die Bezeichnung
„Mercatorprojektion“ in allen nautischen und nichtnautischen Kreisen des In- und
Auslandes Gemeingut geworden, zum mindesten wird sie allgemein verstanden.
Warum die französische Ausdrucksweise „carte réduite“ nach H. Averdunk und
J. Müller-Beinhard unbestimmt ist 4 , sagen beide Autoren nicht. Sie ist indessen
ebenso bestimmt wie die in der Seemannssprache gleichfalls gebräuchlichen Ausdrücke
1 P. von der Horst, a. a. 0., S. 42—50 von den Paßkarten, S. 50—54 von den wassenden
Gratkarten.
2 L. H. Röhl: Anleitung z. Steuermannskunst. Greifswald 1778, S. 202— 207.
3 A. Breusing: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe. Leipzig 1892,
S. 41.
4 H. Averdunk u. J. Müller-Reinhard: Gerhard Mercator u. die Geographen unter seinen
Nachkommen. P. M. Ergh. 182. 1914, S. 125.