Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die See- und Meerkarte. 
größerte Breite eines Ortes bestimmen, muß man bei dem Äquator beginnen und 
jeden Grad des Ortsmeridians mit der Sekante der zu diesem gehörigen Mittelbreite 
multiplizieren und sodann die erhaltenen Werte addieren. 
l°-sec 1 / 2 ° + l°-sec l 1 ^ 0 + l°*sec k 2 1 / 2 ° oo 
Ist beispielsweise cp =54°, würden 54 Summanden das gewünschte Resultat 
ergeben. Um noch genauer vorzugehen, muß man in Bogenminuten, unter Um 
ständen in Bogensekunden vorschreiten. Bei Minuten wären 3*240 Summanden not 
wendig und bei Sekunden 19440. Wir erhalten im Grunde genommen auch bei diesen 
minutiösen Rechnungen nur Näherungswerte. Nun kann man die Bogensekunde 
sich weiter in unendlich kleine Bruchstücke zerlegt denken, die wir analytisch mit 
d cp kennzeichnen. Die Summe der unendlich vielen Sekanten d cp -sec cp bezeichnet 
man mit dem Integral 
<p 
y — f d cp -sec cp — log nat tg (45 -f- cp! 2) = 2,30259 log tg (45° -j- 99/2) . 
0 
So ist erst der Analysis des Unendlichen die restlose Lösung des Problems der Mer- 
catorkarte Vorbehalten gewesen. 1 Henry Blond hatte hierzu 1645 den Weg beschritten. 
Das rechnerische Verfahren ist vorzugsweise durch E. Wright ausgebildet worden, 
der sich der mühevollen Arbeit unterzog, die kleinen Strecken von Bogenminute zu 
Bogenminute auszurechnen. 1 2 Dadurch erhielt er bessere Resultate ganz im Sinne 
des ,,paulatim auxiimn“. 
In dem letzten halben Jahrhundert treten wieder einige Versuche auf, die Mer- 
catorprojektion auf Grund der elementaren Mathematik zu erklären. A. Breusing 
betritt den Weg der alten Nautiker 3 , Holzmüller leitet die Projektion aus einer Trans 
formation ab 4 und Neumann legt die Kugelkreise auf Mercatorkarten zugrunde. 5 
Die Untersuchungen von Breusing, E. v. Nordenskiöld, J. Müller-Reinhard, H. Wagner 
zielen mehr darauf hin, eine Lösung zu finden, wie Mercator zur Konstruktion seiner 
Karte auf einfachem Wege gekommen sein mag. Mit der Kritik der letztgenannten 
Arbeiten hat sich bereits H. Wagner eingehender befaßt 6 , daß ich mich hier kurz 
1 Vgl. H. Wagner: Lehrb. d. Geogr., 10. Aufl., Hannover 1920, S. 210. — A. Breusing: 
Steuermannskunst. 7. Aufl. von C. Schilling. Leipzig 1904, S. 167. — H. Averdunku. J. Müller- 
v 
Reinhard, a. a. O., S. 133 — Das in der Mercatorprojektion auftretende Integral y— I—— 
J cos (p 
0 
gibt C. Schoy Veranlassung, nachzuweisen (Annal. d. Hydrogr. u. Maritimen Meteorologie 1912, 
S. 430—433), daß die Abstände der Parallelen in der Mercatorkarte genau so wachsen wie die Flächen 
inhalte der Doppelsektoren einer gleichseitigen Hyperbel, daß tatsächlich J' = 1 ** (t + t) ist - 
2 Edward Wright: Certaine errors in navigation, arising either of the ordinarie erroneous 
making or using of the sea chart, compasse, crosse staffe, and tables of declination of the sunne, and 
fixed starres detected and corrected. London 1599. — Exemplare des Werkes sind auch in England 
selten. [1. Aufl. Kgl. Bi. in Kopenhagen. Desgl. 2. Aufl., 1610. 3. Aufl., 1657, in Un.-Bi. 
Göttingen.] 
:i A. Breusing: Das Verebnen der Kugeloberfläche. Leipzig 1892, S. 33ff. 
4 H. Holzmüller: Über zwei Punkte der mathem. Geogr. Z. f. mathem. u. naturw. Unter 
richt 1900. XXXI, S. 337ff.— Vgl. auch Krümmel-Eckert: Geogr. Praktikum. Leipzig 1908, S. 9,20. 
5 Fr. Neumann: Kugelkreise auf Mercators Seekarte. Jahresber. des Kgl. Domgymnasiums, 
Halberstadt 1906. 
6 H. Wagner: Kartometrische Analyse der Weltkarte G. Mercators v. J. 1569. Ann. d. 
Hydrogr. usw. 1915. XLIII, S. 379 ff.
	        
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