Full text: Freitragende Holzbauten

L2 Die geschichtliche Entwicklung des freitragenden Holzbaues. 
Bauweise, die auf eine Verstärkung der Tragfähigkeit des einfachen Balkens abzielt, 
ist die von Louis Laves (s. Abb. 9 und 10). Laves schnitt die Balken der Länge 
nach in der Mitte auf und spreizte sie auseinander, so daß das Trägheitsmoment 
in der Mitte des Balkens erheblich vergrößert wurde, und erreichte damit eine An- 
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Abb. 8. Träger von 14.35 m Lichtweite (vordere und obere Ansicht sowie Querschnitt) 
passung der Tragfähigkeit des Balkens an den Verlauf der Biegungsmomente. Das 
Aufspreizen erfolgte zum Teil in recht geschickter Weise. Aus den Darstellungen der 
Abb. 10 ersieht man auch, wie z. B. Pfetten in die aufgespaltenen Hölzer eingeschoben 
yurden. Der Lavessche Träger ist selbst für Bauwerke von erheblicher Spannweite 
wi 
Abb. 9. Laves’scher Träger für 10,0 m Lichtweitel). 
angewendet worden. Die Hauptschwierigkeit bei seiner Verwendung bildet die 
Aufnahme der Schub- und Scherkräfte. An den Auflagerenden ließen sich diese 
von der nach dem Aufschneiden des Holzes verbleibenden Scherfläche nicht mit 
Sicherheit aufnehmen, und man ging daher bald dazu über, diese Fläche durch Bänder 
und Bolzen zu entlasten oder 
aber den Träger lieber aus zwei 
Hälften zusammenzusetzen 
und diese an den Enden durch 
Versatz und umgelegte KEisen- 
bänder und Bolzen sicher zu 
verbinden. Der innere Teil des 
Trägers selbst sieht keine Mög- 
lichkeit der Übertragung der 
Scherkräfte zwischen den bei- 
den Gurten vor. Der Lavessche 
Balken steht in der Mitte 
zwischen den Fachwerk- und 
Vollwandformen. Er ist ent- 
standen aus dem Vollwand- 
träger, ist aber allmählich zu 
einem, wenn auch noch unvoll- 
kommenen Fachwerk, dem die 
Streben fehlen, geworden. Dadurch, daß die Schub- und Scherkräfte nur an dem 
Zusammenstoß der Gurte aufgenommen werden, ergibt sich eine sehr hohe Be- 
anspruchung dieser Punkte, und aus diesem Grunde erklärt es sich auch, daß gegen 
den Lavesschen Balken verschiedentlich eingewendet worden ist, er sei unter der 
1} Aus Gottryetreu: Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, Berlin 1882.
	        
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