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mit der methodischen Ausgleichung beschäftigt und hiefür noch eine
zweite, von der ersten völlig unabhängige Begründung gegeben, indem er
das Verfahren auf das Prinzip der grössten Gewichte stützte 1 ).
Laplace 2 ) hat auf ähnlichem Wege die Methode der kleinsten Quadrate
hergeleitet. Er zeigte 1809 in seiner Théorie analytique des Probabilités 3 ),
dass das System der Unbekannten mit den kleinsten durchschnittlichen
Fehlern nach der Methode der kleinsten Quadrate erhalten wird.
Eine sehr sinnreiche Begründung, welche den Vorzug besitzt, auf die
Natur der Fehler als zusammengesetzte Grössen einzugehen, hat später
der preussische Wasserbaurat Hagen 4 ) gegeben. Derselbe gelangte näm
lich durch eine Betrachtung des Zusammenwirkens der sogenannten Ele
mentarfehler auf das Gausssche Fehlergesetz und damit auf die Methode
der kleinsten Quadrate.
Die Gausssche Erfindung war anfangs nur einem kleinen Kreis von
Gelehrten zugänglich; sie war noch zu abstrakt und selbst die klare und
übersichtliche Enckesche Darstellung 5 ) enthielt noch viel zu viel Theorie,
um auch in weiteren Kreisen verstanden zu werden. Gerling, einem
Schüler von Meister Gauss, gebührt das grosse Verdienst, dass er durch
elementare Behandlung den Stoff auch den Praktikern näher brachte 6 ).
Seither ist die Ausgleichung nach der Methode der kleinsten
Quadrate in bezug auf ihre Theorie und Anwendung hauptsächlich von
deutscher Seite weitergebildet und in zahlreichen Lehrbüchern beschrieben
worden.
Sie hat sich im Laufe der Zeit und mit der Verfeinerung der Theorie
und Praxis der Beobachtungsmethoden ein immer grösseres Feld erobert.
Sie findet bei allen messenden Wissenschaften Verwendung und ist für
die Geodäsie, sowie für die praktische Astronomie und Physik eine geradezu
unentbehrliche Hilfswissenschaft geworden. In besonderem Masse gilt
dies für den erstgenannten Wissenszweig, die Geodäsie, bei deren trigono
metrischen und nivellitischen Arbeiten die methodische Ausgleichung die
weitgehendste Anwendung findet.
1) Theoria combinationis observationum, pars prior 1821.
2 ) Laplace, Pierre Simon (1749—1827).
3) Czuber, Theorie der Beobachtungsfehler S. 239 und 245.
4 ) Hagen, Grundzüge der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Berlin 1837.
5) Im Berliner Astronomischen Jahrbuch für 1834, 1835, 1836 gibt Encke
eine einheitlich verarbeitete Zusammenstellung der wichtigsten, von Gauss zu ver
schiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten veröffentlichten Abhandlungen über
die Methode der kleinsten Quadrate.
6) Christian Ludwig Gerling, Die Ausgleichungsrechnungen der praktischen
Geometrie, Hamburg und Gotha 1843.
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