4
2. Entwicklung- des mechanischen Grundgedankens einer Aus-
gleichnngsmaschine für eine beliebige Zahl von Unbekannten.
So alt wie die Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate
sind auch die Versuche, die damit verbundene, oft ziemlich umständliche
Rechenarbeit möglichst zu vermindern. Diesem Bestreben verdankt ein
Heer von rechnerischen, graphischen und graphisch-analytischen Näherungs-
rnethoden ihr Dasein. Der dadurch erzielte Gewinn ist aber meist recht
unbedeutend; denn je weniger ein Verfahren sich von den Anforderungen
der strengen Ausgleichung entfernt, desto geringer wird der erzielte Zeit
gewinn; je mehr aber in dieser Hinsicht gewonnen wird, desto weiter
entfernt sich das Verfahren von der strengen Methode. Die Rechnungs
ergebnisse verlieren damit den Charakter von wahrscheinlichsten Werten
und werden unzuverlässig.
Ein neueres Mittel, die umfangreichen Rechnungen der Methode der
kleinsten Quadrate zu vermeiden, besteht in der mechanischen Aus
gleichung, deren Anwendung auf die Ausgleichung trigonometrisch be
stimmter Punkte von Fischer und Hohenner näher beschrieben worden ist 1 ).
Der dort ausgesprochene Grundgedanke ist aber so sehr einer ganz
bestimmten Art von Aufgaben angepasst, dass seine Übertragung auf die
Ausgleichung einer grösseren Zahl von Unbekannten nicht möglich ist.
Ein Apparat, welcher zur methodischen Ausgleichung einer beliebigen
Anzahl von Unbekannten und für jede Art von Ausgleichungsaufgaben
dienen soll, kann auf keinem Prinzip beruhen, welches sich die Vorteile
eines einzelnen Falles oder einer bestimmten Klasse von Aufgaben zu
nutze macht. Er muss sich vielmehr unmittelbar auf einen Satz stützen,
welcher das Wesen der Ausgleichung nach der Methode der kleinsten
Quadrate vollständig bezeichnet. Einen für alle nach diesem Verfahren
durchgeführten Ausgleichungen gütigen Satz enthält die gebräuchlichste
mathematische Definition der Methode der kleinsten Quadrate:
„Die Beobachtungen sind so zu verbessern, dass einerseits sämtliche
Widersprüche verschwinden und andererseits die Quadratsumme der Ver
besserungen zu einem kleinsten Werte gemacht wird.“
Gelingt es, einen kontinuierlich wirkenden Mechanismus zu bauen,
welcher nach einmaliger Koeffizienteneinstellung für jedes System von
') Fischer, K. L., Ausgleichung von Beobachtungsgrössen auf mechanischem
Wege und Anwendung auf Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate,
Zeitschrift für Vermessungswesen 1899 Seite 558; desgl. Fehlerausgleichung auf
mechanischem Wege, Zeitschrift für Vermessungswesen 1899 S. 655. Hohenner,
H., Graphisch-mechanische Ausgleichung trigonometrisch eingeschalteter Punkte.
Stuttgart 1904.