Vorwort des Herausgebers.
Die Bemühungen der hervorragendsten Mathematiker während der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts, die algebraische Auflösung der den vierten
Grad übersteigenden Gleichungen zu finden, hatten zwar zu vielen für die
allgemeine Theorie der Gleichungen höchst wichtigen Ergebnissen geführt,
immerhin aber waren sie in der Erreichung ihres eigentlichen Endzwecks
völlig ohne Erfolg geblieben, so dass Gauss, der erkannt hatte, dass die
algebraische Auflösbarkeit der Gleichungen auf der Möglichkeit ihrer Zu
rückführung auf sogenannte reine Gleichungen beruhe, geradezu die Ver
mutung aussprach, es möchte die Aufgabe, die algebraischen Gleichungen
von höherem als dem vierten Grade allgemein durch Wurzelgrössen aufzu
lösen, etwas Unmögliches verlangen (Vgl. Demonstr. nova theorematis omnem
fand, abjebr. etc., Art. 9 und Disquis. arithm. Art. 359). Doch ver
mochte auch Gauss die Richtigkeit seiner Vermutung noch nicht zu erweisen.
Erst Abel gelang es, nachdem bereits der italienische Mathematiker
Ruffini einen Beweis für die Unmöglichkeit der algebraischen Auflösung all
gemeiner Gleichungen von höherem Grade zu geben versucht hatte, in
aller Strenge zu begründen, dass das, was man so lange vergeblich
gesucht hatte, überhaupt nicht gefunden werden könue, dass sich eine
algebraische Gleichung von höherem als dem vierten Grade im
Allgemeinen nicht auf reine Gleichungen zurückführen lasse und
somit die Darstellung ihrer Wurzeln mit Hülfe von Wurzelgrössen im Allge
meinen unmöglich sei. Damit war den bisherigen fruchtlosen Bemühungen
ein Ziel gesetzt und der weiteren Forschung ein neuer Weg gewiesen. Die
Frage nach der algebraischen Auflösung der Gleichungen hatte eine ganz
«andere Fassung angenommen. Abel selbst gab dieser Frage die neue
Fassung, indem er die Aufgabe stellte, alle Gleichungen von irgend
einem gegebenen Grade zu finden, welche algebraisch lösbar
seien. Bereits kannte man eine sehr umfangreiche Klasse specieller Glei
chungen von dieser Beschaffenheit. Schon Vandermonde wusste im Jahre
1771, wie aus seiner wichtigen Abhandlung: Sur la résolution des équations,
Art. XVXF*), hervorgeht, dass gewisse auf die Teilung des Kreises in
*) Deutsch herausgegeben von C. Itzigsohn, Verlag von Julius Springer, Berlin 1886.
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