§ i. Zweck und Anwendung.
Das Verfahren ist folgendes:
Die Messungen werden zunächst vom Sphäroid auf die Kugel
übertragen, und zwar nach dem von Gauss in seinen Untersuchungen
über Gegenstände der höheren Geodäsie. Erste Abhandlung (Gauss’
Werke, Band IV) aufgestellten und entwickelten Gesetz.
Die zweite Übertragungsart: von der Kugel auf die Ebene, ge
schieht nach derjenigen konformen Projektion, die einen bestimmten
Meridian, den Hauptmeridian, und alle dazu parallelen Kugel- und
darauf rechtwinklig'en Gröfstenkreise durch rechtwinklig sich schnei
dende gerade Linien darstellt, und die sich daher von Mercator’s
Projektion nur dadurch unterscheidet, dafs der Äquator durch einen
anderen Gröfstenkreis, und zwar durch einen Meridian, ersetzt ist.*)
Die Übertragung der Messungen vom Sphäroid auf die Ebene
geschieht lediglich zum Zweck ihrer Ausgleichung. Nachdem diese
auf letztgenannter Fläche ausgeführt ist, werden aus ihren unmittel
baren Ergebnissen, d. i. den ebenen rechtwinkligen Koordinaten der
Dreieckspunkte, die ebenen Richtungswinkel und Längen der Dreiecks
seiten berechnet, und durch Anbringung der bereits vorhandenen,
weil zur Aufstellung der Fehlergleichungen gebrauchten, Reduktionen
auf das Sphäroid zurückübertragen. Schliefslich werden noch die
geographischen Koordinaten berechnet, und zwar nicht etwa direkt
aus den ebenen Koordinaten, sondern aus den sphäroidischen Rich
tungswinkeln und Entfernungen von Punkt zu Punkt**), weil dieser
Rechnungsweg der weitaus vortheilhaftere ist.***)
*) Wir behalten für diese Projektion die Benennung „Mercator’s Projektion“ bei,
indem wir die letztere in dem weiteren Sinne verstehen, dafs ein beliebiger Gröfsterkreis an
die Stelle des Äquators treten kann. Die Wahl dieses Gröfstenkreises ist in der That insofern
unwesentlich, als sie die für den vorliegenden Zweck weitaus wichtigsten Formeln, nämlich
die zur Übertragung der Richtungen und Entfernungen dienenden (Abschnitt B. II.), völlig
unberührt läfst (vergl. § 24).
**) Vergl. Rechnung ¿Vorschriften für die Trigonometrische Abtheilung der Landes
aufnahme. Formeln und Tafeln zur Berechnung der geographischen Koordinaten aus den
Richtungen und Längen der Dreiecksseiten. In drei Heften: Erste Ordnung. Zweite
Ordnung. Dritte Ordnung.
***) Die Berechnung der geographischen Koordinaten aus ebenen rechtwinkligen, diese
mögen aus unserer Doppelprojektion oder aus irgend einer anderen Übertragungsart hervor-
gegangen sein, erfordert für die Punkte aller Ordnungen die Anwendung von mehr- als
siebenstelligen Logarithmen. Aus diesem Grunde ist die Berechnung auf dem Sphäroid von
Punkt zu Punkt vorzuziehen. Wenn man dagegen auf der Ebene, anstatt rechtwinkliger, die
aus der stereographischen oder der konformen Kegelprojektion hervorgehenden Polarkoordinaten
anwendet, so vereinfacht sich allerdings der Übergang zu den geographischen erheblich, weil
er in diesem Falle mittels Tafeln ausgeführt werden kann. Plierdurch wird aber viel weniger
gewonnen, als durch den Verzicht auf ebene rechtwinklige Koordinaten verloren geht.