Full text: Einleitung, Landesvermessung, Kataster (1. Band)

1. Kurzer Abriß der Geschichte des Vermessungswesens. 
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der Priesterschaft und von den Uösungen mathematischer Aufgaben gebildet 
wird. Daß die Ägypter schon unter Sesostris 1700 v. Chr. ein richtiges 
Kataster gehabt haben, hat auch Herodot lib. II, cap. 109, berichtet. Nach 
ihm ist die Geometrie auf dem Umwege über die Phönizier und Chaldäer von 
den Ägyptern zu den Griechen gekommen, und zwar vornehmlich durch 
Thaies von Milet, der noch 600 v. Chr. in Ägypten Mathematik studierte. 
Von den Griechen haben auch die altägyptischen Feldmesser die Bezeichnung 
„Harpedonapten“ (Seilspanner) erhalten (Reinhertz, „Geodäsie“ Slg. Göschen 
Nr. 102). Wieweit bei den Ägyptern die Kenntnis der Erddimensionen und 
der Erdoberfläche entwickelt war, ist bisher nicht festzustellen gewesen. 
Nach Gasser, „Zur Entwickelung der Basisapparate“, München 1907, hat 
schon König Assa um 3500 v. Chr. Expeditionen nach dem Ophyr-(Zambesi-) 
lande ausgerüstet und König Neku 600 v.- Chr. das afrikanische Festland um 
schiffen lassen. Auch soll die große Cheopspyramide (Max Eyth, „Die Mathe 
matik der Cheopspyramide“) in ihren Abmessungen auf die genaueste Kenntnis 
des Sonnenjahres, des Erdumfanges und der Zahl tu bis zur 5. Dezimalen 
schließen lassen. Jedenfalls läßt der Umstand, daß um den Beginn der christ 
lichen Zeitrechnung Neu-Ägypten, insbesondere Alexandrien, der berühmteste 
Sitz aller damaligen Wissenschaften und Fertigkeiten war, den Schluß auf 
eine lange vorher entwickelte hohe Erkenntnisstufe der Ägypter zu, deren 
Erben die Griechen geworden sind. 
Die Sonnenuhr oder das Gnomon und die Zwölfteilung des Tages 
haben die Hellenen etwa 550 v. Chr. durch Anaximander, einen Schüler 
des Thaies aus der von diesem gegründeten jonischen Schule, von den 
Babyloniern kennengelernt. Daß auch die Juden das Gnomon schon weit 
früher von den Babyloniern übernommen hatten, bezeugt Jesaia in unzweifel 
hafter Weise (Hübner, Z. f. V. 1887, S. 555). Es hat nach den Andeutungen 
Herodots den Babyloniern und Ägyptern, die es ebenfalls von den ersteren 
kennengelernt haben, nicht nur zur Bestimmung der Tageszeit, sondern auch 
der Mittagslinie irgendeines beliebigen Ortes gedient, wo es zu diesem Zwecke 
aufgestellt worden war, und zwar in der Weise, daß die beiden Berührungs 
oder Schnittpunkte des Schattens eines senkrecht stehenden Stiftes (oder 
Kegels) mit einem und demselben Kreise aus einer Anzahl konzentrisch um 
den Stift geschlagener Kreise genau beobachtet wurden. Die Halbierungs 
punkte der von beiden Berührungspunkten begrenzten Bögen, verbunden mit 
dem Fußpunkt des Zeigerstiftes, gaben den Meridian des Standortes. — 
Um das Jahr 550 v. Chr. begannen die Griechen den Ruhm der ersten 
Mathematiker damaliger Zeit an sich zu reißen. Neben Thaies waren es 
Pytagoras (geb. 580 v. Chr. auf Samos) und nach ihnen Sokrates (geb. 
469 v. Chr.) und sein Schüler Plato, die sich um die Pflege der Geometrie 
besonders verdient machten. Stand doch über der Tür des Auditoriums 
Platos die Aufschrift MySdp ayscopsTp^To? sicrbuco („Kein der Geometrie Un 
kundiger trete hier ein“)! Aber erst mit Eratosthenes (275—194 v. Chr.) 
trat die griechische Geometrie in das Stadium ein, das für die „Geodäsie" im 
modernen Sinne bedeutungsvoll wurde, nämlich in das der Gradmessung. 
Eratosthenes wurde der Schöpfer der mathematischen Geographie.
	        
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