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I. Teil. Die Landesvermessung.
•y) Die Koordinierung der Dreieckspunkte.
Für die Berechnung der ausgeglichenen Dreieckskette nach Koordinaten
sind verschiedene Koordinatensysteme gebräuchlich, Die am meisten
angewandten sind die Soldner’schen rechtwinklig-sphärischen Ko
ordinaten, auch schlechthin „kongruente" genannt, und dieBambert-Gauß-
S chreib er’sehen konformen oder rechtwinklig-ebenenKoordinaten.
Die ersteren haben in ihrer Anwendung die größere erste Hälfte des 19. Jahr
hunderts beherrscht und sind auch heute noch bei den meisten älteren Bandes
vermessungen in Gebrauch. So sind z. B. die 40 Koordinatensysteme des
preußischen Katasters Soldner’sehe Koordinatensysteme.
Hingegen werden alleneueren Bandesvermessungen ausschließlich nach
konformen Koordinaten berechnet, weil diese ohne zu große Hilfsrechnungen
nötigenfalls die Anwendung eines einzigen Systems mit nur einem Nullpunkt über
ein ganzes großes Reich gestatten, während die Soldner’schen—wie das Bei
spiel Preußens zeigt — die Zergliederung großer Bänder in eine ganze Anzahl von
Systemen und Nullpunkten verlangen. Das kommt hauptsächlich daher, weil die
Winkelverzerrungen in der Soldner’schen sphärischen Projektion schon bei
mäßigem Abstande vom Nullpunkt des Koordinatensystems so groß werden, daß
die Messungsfehler dagegen zurücktreten, und weil deshalb die Koordinierung der
Messungsergeb nissekeine genügende Probe mehr für die Winkelmessungen gestattet.
Wir wollen dieser Frage im Abschnitt „Kataster" näher treten und hier
die Überlegenheit der Gauß’schen Projektion als erwiesen annehmen,
und zwar in der weiteren Ausgestaltung des Gauß’schen Systems, wie es von
General Schreiber in der 1897 erschienenen Veröffentlichung „Die konforme
Doppelprojektion der Trigonometrischen Abteilung der Königl. Preußischen
Bandesaufnahme. Formeln und Tafeln. Von Dr. O. Schreiber, General
leutnant z. D.“ niedergelegt worden ist.
Die zweckmäßigste Abbildung für ein sehr großes Arbeitsgebiet soll nach
Schreiber allein eine Doppelprojektion sein, welche die Messungen zuerst
vom Sphäroid auf die Kugel und von da auf die Ebene überträgt und die
gemessenen Winkel nur um unmerkbare Beträge verändert, die allenfalls bei
den Dreiecken I. O. noch zu berücksichtigen sind, bei denen II. O. aber schon
ganz vernachlässigt werden können.
Eine solche Doppelprojektion nimmt den Hauptmeridian
(oder mittleren Meridian) des aufzunehmenden Bandes und alle
diejenigen Kreise als gerade Binien an, die als Kugelkreise dem
Hauptmeridian parallel sind, und die als größte Kugelkreise
darauf rechtwinklig stehen. Dadurch entsteht ein Koordinatensystem
rechtwinklig sich schneidender gerader Binien, das nichts anderes ist als die
gewöhnliche Mercatorprojektion, nur daß bei dieser selbst der Äquator die
Hauptsache ist. Wir kommen auf die Frage der zweckmäßigsten Abbildung
noch in Teil II zurück.
Die Doppelprojektion der preußischen Bandesaufnahme legt den Meridian
31° östlich von Ferro als Hauptmeridian und x-Achse, den Parallelkreis 52° 40'
auf der Kugel (oder 52° 42' 02,53251" auf dem Sphäroid) als Normalparallel
kreis und als y-Achse, den Schnittpunkt beider Kreise (in der Abbildung: