C. Die Höhenbestimmung.
173
1. Die Feinnivellements.
Ohne zunächst auf die landläufige Theorie und die Einzelheiten der vielen
Nivellierverfahren einzugehen, wie sie sich in den verschiedenen Eändern aus
gebildet haben, sollen kurz diejenigen beiden Verfahren beschrieben werden,
die in Deutschland als die am meisten angewandten und deshalb bewährtesten
anzusehen sind und die gewissermaßen die Summe aller Erfahrungen auf dem
Gebiete ausgedehnter Feinnivellements verkörpern.
a) Das Verfahren der preußischen Landesaufnahme.
Das geometrische Nivellement ist die Aneinanderreihung eines künst
lichen Horizontes (vgl. S. 41 ff.) an den anderen im jedesmaligen scheinbaren
Horizonte des Beobachters und die Ermittelung ihrer senkrechten Abstände
voneinander. Da diese künstlichen Horizonte stets senkrecht zur Eotlinie des
Beobachters, genauer seines Nivellierinstrumentes, stehen, und die Eotlinie
sich mit jedem Standpunkte des Beobachtungsinstrumentes ändert, so bilden
die Ablesungspunkte an den Eatten, auch wenn sie im Vor- und Rückblick
für alle Stationen gleich hoch sind, keine konzentrische Kreis- oder Ellipsoid-
linie zur ideellen Meeresoberflächenlinie in der Richtung der Beobachtungs
punkte, sondern ein Vieleck, enthalten also kleine Fehler, die durch die sog.
Schwerekorrektion wenn nicht aufgehoben, so doch schadlos gemacht
werden können. Das letztere ist um so mehr der Fall, je enger die Beobach
tungspunkte in horizontaler Richtung beieinander liegen.
Aus diesem Grunde und um den Einfluß der Eichtbrechung möglichst
gering zu machen, nimmt man in der Regel keine größeren Zielweiten zwischen
Instrument und Nivellierlatte als 60 m. Die gewöhnliche Entfernung ist 50 m.
Für diese Normalzielweite ist die Schwerekorrektion auf jedem Standpunkte
annähernd gleich Null; doch sind im strengen Sinn die ermittelten Höhen
unterschiede keine wahren oder wissenschaftlich genauen, sondern nur rohe.
Die preußische Eandesaufnähme berechnet deshalb die Schwerekorrektionen
vor Inangriffnahme der Ausgleichung besonders und verbessert die beob
achteten (rohen) Höhenunterschiede durch die orthometrische oder
sphäroidische Korrektion K (in Millimetern) =—\x H M in ortho
metrische Höhenunterschiede (vgl. unten).
Die geodätische Wissenschaft unterscheidet bei den Feinnivellements
außerdem noch Arbeits- und Seehöhen, deren Unterschied jedoch so
klein ist, daß er für die praktischen Zwecke eines Feinnivellements vernach
lässigt werden kann. Doch sei darauf hingewiesen, daß der Umstand, wodurch
die gemessenen Höhenunterschiede zweier Stand- oder Wechselpunkte nicht
genau den analogen Unterschieden in der Richtung ihrer Eotlinien entsprechen,
wodurch also (nach Helmert) nicht die Arbeits-, sondern die Seehöhen-
Unterschiede gemessen werden, nicht unwesentlich dazu beiträgt, daß in einem
geschlossenen Nivellementsvieleck (in einer ,,Schleife“) die Summe der Höhen
unterschiede nicht gleich Null ist, wie es der Fall wäre, wenn die gemessenen
Höhen auf Arbeitshöhen zurückgeführt werden würden (vgl. Vogler, Prak
tische Geometrie I, Absatz X, und II, § 280).