Einleitung.
Nach dem genannten Buch, insbesondere nach der darin angezogenen Quelle,
nämlich des „berühmtesten arabischen Geographen“ Abelfedeas, der um
1322 gelebt hat, haben auf den Befehl Almamons (vgl. oben) einige Mathe
matiker einen Grad auf dem Meridian von Zinjar in Mesopotamien un
mittelbar gemessen und seine Bänge auf 56 2 / 3 Meilen bestimmt. Die Meile
soll nach Alfraganus gleich 4000 Ellen (und zwar arabischen Ellen) sein.
Jordan sowohl wie Dr. Reiß-Kairo (vgl. Z. f. V. 1889, S. 439ff.) haben die
arabische Elle an dem uralten Mikyas (Nilometer oder Nilmesser) auf der
Nilinsel Rodah auf 0,5404 m (im Mittel) gemessen. Der Mikyas ist 814 n. Chr.
von Al—Mamun erbaut worden, so daß also das daran angebrachte Ellenmaß
demjenigen gleichen wird, das jener Gradberechnung zugrunde gelegen hat.
Jordan stellt danach das Ergebnis der arabischen Gradmessung auf
170
90. ^ . 4000.0,504 = 11024160 m für den Erdquadranten fest. Nach bei
der Beobachtungen schwanken aber die Ellenmaße zwischen 0,49 und 0,54 m.
Man wird vielleicht nicht fehlgehen, wenn man die arabische Elle der ägyp
tischen und babylonischen, sowie hebräischen (vgl. oben) gleich setzt und da
für 0,515 m einführt. Dann ergeben sich 20400000.0,515 = 10506000 m
für den Erdquadranten. Snellius hat ihn sogar nach eingehenden Betrach
tungen über die wahrscheinliche Größe der arabischen Elle auf 10359000 m
(nachträglich berichtigt) berechnet, d. h. auf rund 3%% genau. Das kommt
der Wahrheit schon außerordentlich nahe und zeugt für die Gründlichkeit der
arabischen Messungen.
Den Arabern verdanken wir auch die meisten unserer mathematischen
und atsronomischen Begriffe, worauf Worte wie Algebra, Azimut, Zenit, Nadir,
Alhidade u. a. unzweifelhaft hinweisen. So sehr aber die Geometrie und
Astronomie bei ihnen gepflegt wurde, und so sehr sie sich um die beschreibende
Geographie verdient gemacht haben, so verhältnismäßig wenig haben sie in
der eigentlichen Kartographie geleistet. Ihre beste Karte ist die Weltkarte
des Abu—Abdallah Muhammad al Edrisi 1154 n. Chr. (vgl. Weule,
S. 433), gegen die, wenn sie auch gewaltige Verzerrungen und vielfache Un
wahrscheinlichkeiten enthält, doch immerhin die älteren römischen Karten des
Pomponius Mela (um 100 n. Chr.) und die sog. Peutinger’sche Tafel
des Kaisers Augustus nicht ankönnen. Auch die spätere arabische Karte des
Era Mauro (um 1459) gibt das bei weitem beste Erdbild aus jener Zeit (vgl.
Weule, S. 425).
Wie der Almagest auf Befehl Friedrich Barbarossas, so wurden die
Werke des Aristoteles auf Veranlassung des größten Hohenstaufen Friedrich II.
(1215—1250 n. Chr.) ins Eateinische übersetzt und damit die Grundlagen zu
neuen wissenschaftlichen Bestrebungen im Sinne der großen Griechen ge
schaffen. Die Kreuzzüge auf der einen Seite und die Kämpfe in Westeuropa
mit den Mauren auf der anderen Seite brachten das christlich-orthodoxe
Abendland in innige Berührung mit dem islamitischen Orient, dessen geo
graphischen Kenntnisse von den Säulen des Herkules bis an die Mündung
des Jangtsekiangs und von den Nordsee- bis zu den Südseeinseln reichten.
Um 1116 stellten nach Hankel, „Zur Geschichte der Mathematik“, Ueipzig 1874,